Port des Brochets – Kervoyal

Nach dem Start am Port des Brochets erkunden wir heute zunächst den Pointe Saint-Gildas. Dann geht es über die Loire hinüber in den Bretagne. Durch die Salzgärten an der Küste fahren wir weiter nach Norden. Den Abend verbringen wir in Damgan, einem wunderbaren kleinen Badeort an der Atlantikküste.

Start in Port des Brochets

Heute am Montag, den 04. Juli 2022 sind wir etwas früher auf den Beinen als sonst. Vielleicht liegt es an dem Skipper der sich schon seit einiger Zeit, gleich uns gegenüber im Port des Brochets an seinem Boot zu schafften macht. Offenbar verlädt er Proviant und seine Angelausrüstung. Wenn er noch heute Vormittag auslaufen möchte, muss er sich allerding beeilen. Das Wasser fällt schon wieder und in zwei Stunden wir sein stolzes Schiffchen traurig unten im Schlick des Étier des Brochets liegen. So wie wir es gestern bei unserer Ankunft hier beobachten konnten.

Uns sind Ebbe und Flut egal. So frühstücken wir in aller Ruhe und brechen gegen und 09:45 Uhr mit dem Wohnmobil in Richtung Norden aus. Zunächst geht es ein Stück zurück durch die Salzgärten Bouin. Dort biegen wir auf die D 758 und fahren Richtung Pornic, welches wir auf der D 243 umfahren können. So kommen wir schnell voran.

Die Departementstraße führt hier übrigens blumigen Namen „Route Bleue“ – die „Blaue Route“. Sie ist ein Straßenprojekt aus der Zeit vor den großen Autobahnen und sollte die Bretagne mit dem Süden Frankreichs verbinden. Wir verlassen die Route Bleue hinter Pornic. 20 Minuten später erreichen wir unser erstes Etappenziel für heute. Per Pointe Saint-Gildas ist eine weit in Meer reichende Landzunge, die den Mündungstrichter der Loire nach Süden hin abschließt.

Pointe Saint-Gildas

Seinen Namen verdankt dieser Ort dem Heiligen Saint-Gildas. Er war bedeutender Geistlicher des frühen Mittelalters und ist Schutzpatron des berühmten Klosters Kloster Saint-Gildas-en-Rhuys. Warum allerdings dieser Ort seine Namen trägt, können wir nicht in Erfahrung bringen. Heute ist der Pointe Saint-Gildas ein beliebtes Ziel für Touristen. 300.000 Besucher werden hier pro Jahr gezählt. Ein Strand, eine Marina, ein Jetskiverleih, ein Wohnmobilstellplatz, ein Hotel, Ferienwohnungen und ein, zwei Restaurants stehen den Gästen zu Verfügung.

Als wir eintreffen, stoßen wir auf das übliche Dilemma. Die Parkplätze vorn am Strand sind ausschließlich den PKWs vorbehalten. Wohnmobile dürfen dort nicht parken. So kurven wir durch die Nebenstraße des gepflegten Wohnviertels nebenan und finden einen schattigen Platz in der Rue da la Colonie. Von hier aus sind es nur wenig Meter bis zu den Dünen des Pointe Saint-Gildas.

Durch die kleine wunderbar ins Meer exponierte Landspitze führt ein befestigter Fußweg. Nach einigen Metern wird uns klar, dass die Dünen auf denen Wind mit unzähligen Gräsern und Blumen spielt eine sehr solide Grundlage haben. Unter ihnen liegt eine mächtige ‚Felsplatte. Weiter unten am Wasser, in der Brandungszone ist diese von jeglicher Vegetation befreit und ragt als Felsenriff gute 50 Meter weit ins Meer.

  • Pointe Saint-Gildas
  • Semaphore Pointe Saint-Gildas

Hinterlassenschaft des letzten Krieges

Auch der Pointe Saint-Gildas bliebt von der in Beton gegossenen Bauwut der Deutschen in zweiten Weltkrieg nicht verschont. Dort befand sich eine Artillerie-Batterie des sogenannten Atlantikwalls. Genau wie gegenüber auf der nördlichen Seite der Loire-Mündung oberhalb der Pointe de Chémoulin. Gemeinsam mit den weiteren Stellungen links und rechts der Flussmündung und im Hafen von Saint-Nazaire hatten die Deutschen laut eines Wikipedia-Artikels dort 27 Haubitzen und Kanonen sowie 67 Flakkanonen und weite Flugabwehrgeschütze stationiert. Bedient wurde das alles von ca. 1000 Mann.

Wozu dieser Aufwand? Es galt den Hafen von Saint-Nazaire vor Angriffen der westlichen Alliierten zu schützen. Dort gab es neben Brest und La Rochelle der dritten großen U-Boot-Bunker. Auch dort hatten die für eine erfolgreiche Kriegsführung auf Atlantik so wichtigen U-Boote einen Heimathafen. Sie konnten dort gewartet, repariert und versorgt werden. Außerdem hab es dort eine riesiges Trockendock. Auch diese Anlage war von enormer strategischer Bedeutung. Hätte die deutschen doch hier eines ihrer großen Schlachtschiffe oder Schlachtkreuzer nach dem Einsatz im Atlantik reparieren können.

Wir groß diese Gefahr war, zeigte sich den Alliierten mit dem Fall des Schlachtschiffes Bismarck, Nachdem es im Mai 1941 schwer beschädigt wurde, machte es sich auf den Weg nach Saint-Nazaire. Das dortige Trockendock war groß genug, um das riesige Schiff aufzunehmen. So hätte es in relativ sicherer Umgebung repariert werden können. Zwar schaffte die Bismarck den Weg bis dorthin nicht, aber die strategische Bedeutung des Trockendocks „Normandie“ in Saint-Nazaire bleibt.

Es war den Briten ein Dorn im Auge. So wagten sie im März 1942 einen verlustreichen Angriff auf den Hafen. Es gelang Ihnen das Trockendock schwer zu beschädigen und weitere wichtig Hafenanlagen zu zerstören. Auch die vier Kanonen am Pointe Saint-Gildas konnten das nicht verhindern.

Geschützbatterie am Point Saint-Gildas

Weiter am Pointe Saint-Gildas

Wir schenken unsere Aufmerksamkeit aber eher dem Meer. Steffi erkundet das blanke Felsenriff. Ihre Suche nach Muschelschalen und anderen „Schätzen des Meeres“ bleibt jedoch erfolglos. Bei den nun ansteigenden Mittagstemperaturen ist die Meeresbriese hier draußen erfrischend und angenehmen. Draußen auf dem Atlantik ziehen einzelne Segler ihre Bahn. Wir verweilen noch ein wenig.

Als wir unseren Spaziergang Richtung des Plage de St. Gildas fortsetzen fällt uns hinter den grauen Geschütztürmen der schöne Leuchtturm auf, der .Semaphore Pointe Saint Gildas. Schon lange bietet er wegen der Automatisierung aller Leuchtfeuer in Frankreich keinem Leuchtturmwärter mehr ein Heim. Dafür ist dort ein kleines Museum zur lokalen Schifffahrtsgeschichte eingezogen.

An einem kleinen Denkmal für die Gefallenden und Überlebenden des Krieges von 1939 bis 1945 findet unser Spaziergang am Pointe Saint-Gildas sein Ende. Für den Rückweg zum Wohnmobil nehmen wir den etwas kürzeren Weg durch die Straßen des gepflegten Einfamlienhausviertels oberhalb des Leuchtturms. Spätestens hier wissen wir, dass wir im Norden Frankreichs angekommen sind. Die Jasminsträucher und Malven in den Vorgärten des Südens sind hier den prächtigen Hortensien gewichenen. Sie sind die Sommerpflanzen in den Vorgärten im Norden Frankreichs.

Hortensien

Über die Loire

Punkt 12:00 Uhr brechen wir von unserem Parkplatz am Pointe Saint-Gildas auf. Bei Saint Michel Chef-Chef erreichen wir wieder die Route Bleue die uns wenige Kilometer weiter auf der Pont de Saint Nazaire über die Loire trägt.

Die Pont de Saint Nazaire gehört zu größten Straßenbrücken Frankreichs und wird in ihren Ausmaßen wohl nur von dem gewaltigen Viadukt von Millau übertroffen. Die Brücke führt steil hinauf auf 67 Meter über die Wellen der Loire die sich unten auf den grün-grauen Wasser spiegeln. Die Höhe ist erforderlich. um auch den Ozeanriesen die Fahrt bis zu den Hafenanlagen von Nantes 50 Kilometer weiter flussaufwärts zu ermöglichen.

Von der Brücke hat man eine grandiose Aussicht auf den Mündungstrichter der Loire und die Hafen- und Werftanlagen von Saint Nazaire. Die Werft dort unten gehört zu den größten Schiffsbauunternehmen der Welt. In den Chantiers de l’Atlantique entstehen heute in erster Linie riesige Kreuzfahrtschiffe. Gerade liegen die MSC Euribia und die MSC World Europa unten an den Ausrüstungskais und warten auf Ihre Fertig – und Indienststellung. Riesig ragen Sie über der Stadtsilhouette auf und stellen alles ringsum in den Schatten.

Aber nicht nur Kreuzfahrtriesen erblicken dort das Licht der Welt. Moderne Kriegsschiffe wie Hubschrauberträger und Versorger sowie Offshore-Plattformen gehören zum aktuellen Werftprogramm. Viel zu schnell müssen wir dem Verkehrsfluss auf der Brücke folgen. So können wir den Blick von dort oben nur wenige Sekunden genießen.

Barrage D’Arzal-Camoël

Auf der Suche nach einen Badestrand

Hinter Saint-Nazaire halten wir uns nach Nordosten und steuern auf der Suche nach einem Badestrand für den Nachmittag Piriac-sur-Mer an. Hier ist in Strandnähe alles dicht bebaut und eine Parkmöglichkeit für unser Wohnmobil können wir auch nicht ausmachen. Also fahren wir weiter nach Port au Loup. Hier waren wir auf unserer ersten Frankreichreise schon einmal. Obwohl es dort recht schön und nicht überlaufen ist, werden wir nicht bleiben. Zum einen ist der Stellplatz schon gut besetzt zum anderen ist es erst 13:30 Uhr und wir wollen die Zeit nutzen, um noch ein wenig Strecke zu machen.

Gleich hinter Port au Loup biegt die Straße Richtung landeinwärts ab. Es gilt eine ins Land reichende Meeresbucht zu umfahren. Gute zweieinhalb Kilometer reicht die Étier de la Barre ins Land. Im Süden und Osten schließen sich Salzgärten der Mes an. Sie sind der kleinere Teil einer Landschaft die sich mit dem Titel „Bemerkenswerte Stätte des guten Geschmacks“ schmücken darf. Die ca. 350 Hektar bedeckenden Salinen sind das Ergebnis Jahrhunderte währender Arbeit der Menschen dort. Auch heute noch wird dort durch die Verdunstung von Meereswasser Salz gewonnen. Aber die schweißtreibende Arbeit der Salzbauern ist schon seit langen im Hintergrund getreten.

Die Salzgärten von Mes sind heute viel mehr ein Naturparadies und besonders die Freunde der Vogelwelt können hier auf Ihre Kosten kommen. Von Sonnenauf- bis untergang, der Zeit in der die Salinen strahlend weiß bis tiefviolett leuchten können, tummeln sich Rotschenkel, Säbelschnäbler, Stelzenläufer und Graureiher und bilden reizvolle Motive für lange Teleobjektive und teure Spektive.

Wir bekommen allerdings nicht allzu viel davon zu sehen. Nur bei den Salinen von Quimac und zwischen Saint-Wolf und Pont d’Arm führt die Departementstraße 33 direkt durch die Salinen. Wir nehmen uns vor diese Gegend in einem der nächsten Jahre vielleicht mit den Rad näher zu erkunden.

Barrage D’Arzal-Camoël

Heute aber fahren wir weiter nach Norden und erreichen bald die Vilaine. Wir überqueren den Fluss über die Barrage D’Arzal-Camoël. Der Staudamm wurde errichtet um die Winterhochwasser der Vilaine zu regulieren. Die hatten 1926 und 1936 katastrophale Überschwemmung in der flussaufwärts gelegenen Stadt Redon verursacht. Später kam die Trinkwassergewinnung hinzu. Das Bauwerk sollte aber auch positive Wirkungen für die regionale Entwicklung der Region, die Gewinnung neuer landwirtschaftlicher Flächen und die Entwicklung der Schifffahrt auf der Vilaine haben.

All dies trat auch ein. Allerdings hatte das Ganze auch erhebliche negative Auswirkungen aus die Ökologie des Flusses. Durch das Sperrwerk wurde der Wasseraustausch zwischen Meer und Fluss erheblich gestört, quasi abgeschnitten. Sollten die Tore des Sperrwerkes zunächst die meiste Zeit geöffnet bleiben und nur bei starken Gezeiten geschlossen werden, änderte sich später die Nutzungsweise. Die Trinkwassergewinnung oberhalb des Damms war nur möglich, wenn man das Meerwasser nicht mehr landeinwärts ließ.

Somit unterbrach man die Fluss- und Gezeitenströmung dauerhaft. Der Schlick konnte nicht mehr aus der Tichtermündung ins Meer gespült werden. Die Folgen waren erheblich. Mitte der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts hatte der Schlick eine Mächtigkeit von zweieinhalb Metern erreicht. Eine toxische Planktonblüte machte sich in den Sommer breit. Ein Massensterben von Fischen und Schalentieren war nur eine der Folgen. Auch die Fahrrinne begann sich zu verändern. Die örtliche Fischereiwirtschaft drohte eine seiner Grundlagen zu verlieren, da nun Aale und Glasaale nicht mehr die Vilaine hinauf wandern konnte. Die Muschelzüchter sahen sich mit einer zunehmenden Entsalzung des Wassers konfrontiert.

Später versuchte man den negativen Folgen entgegenzuwirken. Drei Fischtreppen wurden installiert und in den Wintermonaten begann man mit Kampagnen zu Abbaggern des Schlicks. Die hierfür erforderlichen Mittel können die Betreiber des Sperrwerkes aber kaum aufbringen. So bleibt die Barrage D’Arzal-Camoël eine umstrittene Errungenschaft. Vielleicht auch deshalb blieb sie eine der ganz wenigen Staumauern im Mündungsbereich von Flüssen weltweit.

Kervoyal

Wir lassen die Vilaine hinter uns und wollen nun schnell unsere Tagesziel erreichen. Ca. 25 Kilometer sind es noch bis dorthin. Am Weg an der Auffahrt auf die N 165 stoppen wir kurz an der Le fournil de la corne, einem Backshop, der hier in ein neues kleines Einkaufszentrum eingezogen ist. Dort nehmen wie ein wenig Kuchen mit.

Gegen 15:00 Uhr kommen wir am Wohnmobilstellplatz von Kervoyal an. Der liegt hinter eine dichten hohen Hecke gleich an der Strandstraße, dem Boulevard de l’Atalante. Wir finden für 11,00 € einen schattigen Platz. Noch sind einige Stellfläche frei. Aber das wird sich in den Abendstunden sicher noch ändern.

Ganz in der Nähe gibt es auf der anderen Seite des Boulevard de l’Atalante einen Strandübergang, den wir nur allzu gerne nutzen. Also packen wir die Badesachen, unsere Strandmatten und den gerade erworben Kuchen aus der Fournil de la corne. Den lassen wir uns am Strand schmecken und verbringen einige Stunden unter der atlantischen Sonne. Wir kühlen uns im Atlantik ab und bewundern rüstige französische Senioren, die ihre Körper mit verschiedenen sportlichen Übungen in Schuss halten.

Am Strand von Kervoyal

Ein Abend in Damgan

Später nehmen wir die Räder und fahren vor nach Damgan, dem Hauptort zu dem Kervoyal gehört. Es sind nur wenige hundert Meter bis dorthin. Damgan ist ein ganz entzückendes kleines Seebad. Es scheint noch nicht allzu sehr überlaufen zu sein. Damgan und Kervoyal liegen an einem ca. fünf Kilometer langen wunderbaren Strand, der allerdings hier und da von Felsvorsprüngen unterbrochen wird, die das Meer über die Ewigkeiten rund geschliffen hat. Hinter dem Strand verläuft eine betonierte Befestigungsmauer und dahinter die Strandstraße mit einigen Parkplätzen. Viel ist hier nicht los. Die meisten Häuser sind maximal zweigeschossig und scheinen als Ferienhäuser genutzt zu werden.

Nur ein Hotel scheint es zu geben. Dessen Restaurant das Latitude 47° hat auf dem Fußweg einige Tische gestellt an denen auch serviert wird. Ein Angebot, dass wir gerne nutzen. Wir sitzen hier ganz wunderbar bei kühlen Getränken, schauen aufs Meer und letzten Badegästen am Strand zu. Wir bleiben hier noch eine ganze Weile uns sitzen in dem lauen Wind, der vom Meer her weht.

Dann fahren wir zurück in Richtung Wohnmobil und schauen uns in Kervoyal noch den Pointe de Kervoyal an. Er bildet das östliche Ende der Bucht und des Strandes von Damgan. Auch hier haben die Deutschen einen hässlichen Betonbunker hinterlassen, der einst als Geschützstellung diente. Hier haben sich Street-Art-Künstler jedoch seiner Fassade angenommen und eine Farbtupfer aufgetragen. Genauso, wie weiter vorne in Damgan, wo ein weiteres dieser „Monster“ die Zeit überdauert hat.

  • Batterie am Pointe de Kervoyal
  • Batterie am Pointe de Kervoyal
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