Aufbruch und Hohe Geba

Die Hohe Geba ist das erste Ziel unserer Sommerreise 2019. Von Bad Langensalza aus haben wir es über Eisenach und das Werratal nicht weit bis dorthin. Besonders interessiert uns der Himmelschauplatz dort oben. Aber die Hohe Geba hat noch mehr zu bieten.

Eine andere Reise

Das Jahr 2020 wird uns wegen Corona und Covid 19 noch lange in besonderer Erinnerung bleiben. So auch mit unserem Jahresurlaub. Eigentlich wollten wir in diesem Frühjahr Italien mit dem Wohnmobil erkunden. Die Pandemie vereitelte dieses Vorhaben. Sowohl in Hinblick auf das Reisedatum als auch das Reiseziel.

In den Sommermonaten schöpften wir wieder ein wenig Hoffnung, doch die ab August wieder ansteigende Infektionszahlen und Reisewarnungen für viele Regionen in ganz Europa ließen uns vorsichtig bleiben.
So blieben auch andere Reiseziele wie die Lofoten, Stockholm, Bordeaux, Sevilla oder Burgos in diesem Sommer für uns tabu.

Als wir am 22.08.2020 bei unserem bewährten Vermieter unser Wohnmobil einräumen steht unser Beschluss fest. Wir werden die nächsten vier Wochen in Deutschland unterwegs sein.

Zwei Stunden dauern die üblichen Vorkehrungen für den Aufbruch. Wohnmobil übernehmen, vorhandene Schäden protokollieren, unseren Kombi ausladen und parken. Küchenkrams, Klamotten, Technik und Literatur einräumen, die Fahrräder auf dem Träger sichern und dann geht es los. Wird auch Höchste Zeit, denn um 14:00 Uhr schließen hier am Samstag die Tore.

  • Rollendes Heim für 4 Wochen
  • Krimkrams

Als wir vom Hof rollen wissen wir noch immer nicht richtig wo lang: Richtung Norden oder Süden. Die Wetteraussichten für die nächsten Tage nehmen uns diese Entscheidung ab. Nördlich von uns sollen in den nächsten Tagen eher Wolken, kühle Temperaturen und ein wenig Regen vorherrschen. Im Süden dagegen eitel Sonnenschein.

Damit steht für uns fest, es geht zunächst nach Süden.

Auf in die Rhön

Da wir uns vorgenommen haben eher abseits der großen Städte zu bleiben ist unserer erstes Reiseziel die Hohe Geba. Ein Berggipfel 750 Meter über dem Meer in der Vorderen Rhön im Südwesten Thüringens.

Eine Umleitung

Eigentlich wollen wir den schnellsten Weg über die Bundesstraßen B 84 und B 19 via Eisenach nehmen. Doch dieser ist schon wenige Kilometer nach unserem Start wegen einer Dauerbaustelle in Reichenbach für größere Fahrzeuge gesperrt.

Die Umleitung zwingt uns auf kleinere Straßen, die mitunter ein wenig holperig sind. Bei dieser Gelegenheit beginnt sich rechts oben über dem Fahrersitz unseres Mobils ein sehr unangenehmes Geräusch bemerkbar zu machen. Es ist einen Mischung aus Knarzen, Quietschen und Klappern.

Schnell stellt sich raus, dass das Gestänge für das Hubbett über den Vordersitzen die Ursache ist. Ohne Abhilfe schaffen zu können folgen wir der Umleitung durch kleine Thüringer Ortschaften mit ihrem Charme von alten Fachwerk, moderner Wohnbebauung und kleinen Gewerbegebieten.

Über Goldbach, wo wir uns im REWE-Markt mit Lebensmitteln für die nächsten Tage versorgen geht es entlang dem Tal der Nesse in Richtung Eisenach. Eberstädt, Sonneborn, Brühheim und Friedichswerth sind wirklich alte Orte, die teilweise bis auf das Jahr 780 zurückgehen.

Später wurde diese Siedlungen Sitze von wichtigen Thüringer Adelsgeschlechtern. Fruchtbar war und ist das Land hier schon immer. Das heute eher von lokalen Verkehren genutzte Nessetal war im Mittelalter eher eine Hauptverkehrsachse.

Gut kann man sich vorstellen, wie die Thüringer Landgrafen auf ihrem Weg von der Wartburg zur Runneburg hier entlang zogen.
Die großen Verkehrswege südlich von hier wurden erst viel später erschlossen.

Wir verlassen das Nessetal bei Friedrichwerth, steuern nach Süden, erreichen das Tal der Hörsel. Vorbei an dem gewaltigen Muschelkalkriff der Hörselberge (bis 484 Meter über NN) geht es weiter bis zur Wartburgstadt Eisenach.

Durch Eisenach

Die Stadt, aus der übrigens die Marke BMW hervorging und in dem heute eines der produktivsten Opel-Werke steht, ist 30 Jahre nach der Wende noch immer im Umbruch.

So entsteht zum Beispiel gerade gegenüber dem Bahnhof auf einer lange nicht genutzten Fläche das neue Einkaufszentrum „Tor zur Stadt“. Offenbar wird dieses Projekt ein Remake einer seit Jahrzehnten in den neuen Bundesländern viel zu oft geschriebenen Story:

Investor aus des alten Bundeländern (May-Gruppe aus Schleswig-Holstein) will Geld parken (27 Millionen Euro nach eigenen Angaben) und es stellen sich die üblichen Mieter ein (Kaufland, Rossmann, Woolworth und Kik). Na, dass wird ja ein „Segen“ für die Händler und Gewerbetreibenden hinter dem „Tor der Stadt“. Die kämpfen seit der Wende vor 30 Jahren im historischen Zentrum der Stadt erfolgreich um Existenz und ein wenig Wohlstand.

Wenn man die Namen der Beteiligten am „Tor zur Stadt“ Projekt liest, kommt der Verdacht auf, dass von der dort generieten Wertschöpfung nicht allzu viel in Eisenach verbleiben wird.

Vor dem eigentlichen Tor zur Stadt – dem Hotel Kaiserhof – folgen wir nun der B 19 nach Süden. Vorbei an Eisenachs schönen Villenvierteln geht es tüchtig bergan. Rechts geht es hinauf zur Wartburg, die wohl so ziemlich jeder Besucher der Wartburgstadt auf seinem Programmzettel haben wird.

Das Tal, dem wir nun bergan folgen wird immer enger und die Bebauung verschwindet langsam. Die B 19 wird hier von einem hervorragenden Wandergebiet begleitet. In der Ludwigklamm, der Landgrafenschlucht und besonders in der Drachenschlucht könnte man meinen, dass gleich ein Ritter in strahlender Rüstung auf einem mächtigen Streitross um die Ecke kommt, um eine holde Jungfrau aus den Fängen eines fiesen Monsters zu befreien.

Weiter in das Werratal

Die B 19 gipfelt oben auf dem Rennsteig bei 434 Meter über NN an der „Hohen Sonne“. Hier ist ein besonders tragisches Beispiel jahrzehntelangen Verfalls zur Kenntnis zu nehmen. Das 1741-46 errichtete und später als Gasthaus und Hotel genutzte kleine Jagdschloss verfällt seit 1985 kontinuierlich. „Nicht zu behebende Bauschäden“ hieß es damals. Besser ist es seitdem nicht geworden.

Dann geht es hinunter an den Südhang des Thüringer Waldes. Wilhelmsthal mit seinem Campingplatz ist nach wie vor ein beliebtes Urlaubsziel. Wenige Kilometer später weitet sich die Landschaft und wir haben das breite Werratal erreicht. Es trennt den Thüringer Wald von der Rhön.

Die Bundesstraße umgeht die alten Städte und Orte im Werratal. So sehen wir Barchfeld, Breitungen, Wernshausen und Schwallungen nur aus der Ferne. Und als wir Wasungen, den Kristallisationspunkt der Thüringer Fasnacht erreichen, gilt es für uns das Werratal zu verlassen.

Eine Umleitung schickt uns über die Orte Unterkatz und Oberkatz und wir lernen, dass die Gegend links und rechts des Katzbaches eine recht schöne ist.

Das Ortsbild von Stepfertshausen begeistert uns mit seinen engen Straßen und dem reichen Fachwerk.

Dann geht es wieder kräftig bergan. Wir kennen die Gegend nicht und verwechseln den Neidhardskopf mit der Hohen Geba, nur um festzustellen in einer Sackgasse gelandet zu sein. Keine Wendemöglichkeit! So lernen wir die Eigenschaften unseres gerade ausgeliehenen Fahrzeuges bei einer Rückwärtsfahrt von über 300 Metern kennen.

Hohe Geba

Nach diesem kurzen Abstecher ist die Auffahrt zur Hohen Geba schnell gefunden. Kurz vor dem Ort Geba geht es rechts ab. Auf einer recht engen und holprigen Asphaltstraße sind noch ein wenig mehr als ein Kilometer zu absolvieren und der Gipfel der Hohen Geba ist erreicht.

Da die wenigen terrassierten Stellflächen an der alten Meininger Hütte besetzt sind, begnügen wir uns mit einem unbefestigten Platz gleich nebenan.

Schön ist es hier oben und mit dem offenen Blick nach Südwesten versteht man gleich warum sich die Rhön sich einst den Slogan „Land der offenen Fernen“ gegeben hat. Es sich ein Panorama mit einem sehr schönen Blick auf die Bergrücken und Bergkuppeln der Hohen Rhön aus.

Rhön - Land der offen Fernen
Hohe Geba Blick auf die Hohe Rhön

Der Wirt der Meininger Hütte reicht uns das letzte Brätel und Bier des Tages aus dem SB-Stand. Wir genießen die noch immer warme Sonne und den Blick nach Osten in Richtung Thüringer Wald, der gleich hinter dem Werratal aufragt.

Hohe Geba - die Wolken über dem Thüringer Wald
Hohe Geba – die Wolken über dem Thüringer Wald

Geschichte der Hohen Geba

Die Hohe Geba ist der Hausberg der Vorderen Rhön und schon lange ein beliebtes Ausflugsziel. Bereits 1897 wurde hier die erste Meininger Hütte erreichtet. Immer mehr Urlauber und Ausflügler fanden, angezogen von der tollen Aussicht, ihren Weg hier hinauf.

Nach dem zweiten Weltkrieg diente die Hütte als Jugendherberge. 1962 besetzte die Sowjetarmee das Gelände und richtete eine Radarstation ein. Die Hohe Geba wurde so bis 1991 zum Sperrgebiet.

Heute kümmert sich der Rhönclub e.V. um das Areal. Man findet hier oben eine kleine Gaststätte, einen Veranstaltungssaal und die Nachbildung eines Keltendorfs.

Der Berg gründet auf den Resten des Variskischen Gebirges das längst von Wind, Regen und Eis abgetragen worden ist. Viel, viel später, vor etwa 20 Millionen Jahren begann hier eine Phase mit intensiven Vulkanismus. Bis zu 500 Durchbrüche sind in der gesamten Rhön bekannt. Lava bedeckte auch die Hohe Geba. Eine bewegte Geschichte im wahrsten Sinne des Wortes auch in geologischer Hinsicht.

Funkspruch um die Welt

Bei unserer Ankunft fielen uns Flaggen aus vieler Herren Länder auf, die hier oben in einer Spirale aufgestellt sind. Sie sind das Ergebnis einer ganz besonderen Aktion. Um in Zeiten der Pandemie gefahrlos ein Zeichen zum 75. Jahrestages des Endes des Zweiten Weltkrieges zu setzen wurden von hier Funksprüche mit der Botschaft „Freundschaft und Frieden, 75 Jahre Frieden“ in alle Welt gesandt. Jede Station, die auf diesen Funkspruch antwortete, ist hier mit der Flagge ihres Landes symbolisiert. 51 Fahnen sind es geworden. Eine schöne Aktion in diesen Zeiten. Danke dafür.

  • Funkspruch geht um die Welt - Frieden
  • Funkspruch um die Welt - Moldavien antwortet

Himmelschauplatz Hohe Geba im Sternenpark Rhön

Rund um die Hohe Geba ist es reicht einsam. Nur wenige recht kleine Orte reihen sich und um den Berg. Größere Städte oder Industrie- und Gewerbegebiete sind nicht auszumachen. So ist es in weiten Teilen der Rhön. Beste Voraussetzungen für einen Sternenpark. Nachts ist es finster, nur schwache Lichter der Orte ringsum stören den Blick in den Nachthimmel, kaum Lichtverschmutzung weit und breit.

So ist die Rhön heute auch als Sternenpark anerkannt. Im Biosphärenreservat Rhön (übrigens dem zweitgrößten in Deutschland) wurden sechs sogenannte Himmelsschauplätze eingerichtet. Der hier oben auf der hohen Geba ist der am besten ausgestattet. Neben der Grundausstattung die aus einem Polarsternfinder, einer Sternenkarte, einem Fernglasaufsetzer, einer Wellenliege und verschiedenen Infotafeln besteht, gibt es hier ein Highlight für den anspruchsvollen Hobbyastronomen.

Vier sechseckige Betonplattformen sind mit Elektroanschluss und Masten an jeder Ecke ausgestattet. So kann der Astronom die Stellmotoren seiner Stative mit Strom versorgen und die Plattform mit Segeln gegen den Wind schützen. So lassen sich lange Sternennächte am Okular sicher gut aushalten.

Offenbar wird dieses Angebot gut angenommen. Drei der Plattformen sind heute Abend besetzt. Wer mehr zum Sternenpark Rhön erfahren will, schaut auf der Website des Vereins Sternenpark Rhön e.V. vorbei.

  • Himmelsschauplatz Hohe Geba
  • Merkur nebenan

Sternegucken mit dem Fernglas war übrigens auch der Grund, weshalb wir die Hohe Geba als Standort für unsere erste Urlaubsnacht wählten. Leider blieb uns der Blick auf die ganze Milchstraße in dieser Nacht verwehrt. Mit der Dämmerung zogen von Westen her dichte Wolkenfelder heran. Schade!
Dennoch hat sich der Weg hier hinauf gelohnt.

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