Georges du Verdon und Castellane

Heute erkunden wir die Georges du Verdon. Dort wo der Verdon einen einzigartigen Canyon tief in das Karstgebirge geschnitten hat. Den Nachmittag und die Nacht verbringen wir im malerischen Castellane.

Teurer Abschied vom Campingplatz La Source

Heute Morgen genießen wir alle sanitären Annehmlichkeiten, die der Campingplatz La Source in Les-Selles-sur-Verdon am Lac Sainte-Croix zu bieten hat. Und das tun wir ausgiebig. Nachdem wir nun 22 Tage ausschließlich auf das kleine Bad in unserem Wohnmobil angewiesen waren, ist dies tatsächlich eine Wohltat.

Alles hier ist sauber sowie modern und großzügig eingerichtet. Und das Wichtigste – man hat viel Platz.

Als wir später an der an Rezeption auschecken, bekommen wir die Rechnung für den ganzen Luxus. Satte 38,90 Euro für eine Nacht mit Wohnmobil und drei Personen. Nutzung der Waschmaschine ging extra, warmes Wasser in der Dusche war inklusive. Naja, einmal in einem Monat kann man das sich schon mal leisten.

Gespannt auf die großartigen Aussichten, die uns die Georges du Verdon bieten werden, brechen wir gegen 10:15 Uhr auf.

Georges du Verdon – die Verdonschlucht

Es geht auf der D 957 hoch über dem Ufer des Lac Sainte-Croix ein zwei Kilometer zurück. Dann biegen wir auf die D 19 ab, die sich in Serpentinen hinauf zum mehr oder weniger verschlafenen Aiguines und weiter bis zum Col d’Illoire auf 967 Meter über dem Meer windet.

Col d'Illoire
Col d’Illoire

Hier oben stoppen wir das erste Mal und genießen die Blick hinüber zum Lac Sainte-Croix, über die grandiose Karstlandschaft und hinunter zum Verdon der sich ca. 300 Meter unter uns durch des Felslabyrinth schlängelt. Noch glitzert das türkisfarbene Wasser in der Sonne.
Von Osten jedoch droht Ungemach. Eine tiefhängende Wolkenwand zieht auf uns zu.

Gegenüber, auf der andere Seite des Verdon verläuft auch weit oben über dem Fluss die D 952. Selbst mit dem Fernglas erscheinen die Autos dort drüben winzig. Da sagt einiges über die räumlich Dimension die gewaltigen Landschaft. 1.500 bis 1.600 Meter Luftlinie sind es bis dort drüben.

Ein wenig Geologie der Georges du Verdon

In der Triaszeit, also vor 250 bis 200 Millionen Jahren war das Gebiet der der Georges du Verdon und die heutige Provence von einem Meer bedeckt. 50 Millionen Jahre Zeit für Muscheln und anderes gepanzertes Getier hier die ersten Kalksteinbänke abzulagern. Später im Jura war immer noch (oder schon wieder?) Land unter. Nun waren es Korallen die unermüdlich ihre Bauten auf den Kalk der Muscheln stapelten.

In der Kreidezeit dann konnte man zunehmend mit trockenen Füßen die Gegend erkunden. Dort wo sich heute die Alpen erheben war, seinerzeit noch immer ein Meer. Aber hier hob sich das Land allmählich über den Meeresspiegel.

Dann geschah unerhörtes. Die afrikanische Platte raste förmlich auf die eurasische zu und begann die Alpen aufzufalten.
Ein solcher Radau in unmittelbarer Nachbarschaft hinterließ hier seine Spuren. Was Muscheln und Korallen über Jahrmillionen im Gebiet der Georges du Verdon aufgehäuft hatten, was der ungeheure Druck zu Fels verfestig hatte, wurden nun gequetscht und angehoben. Die Landschaft zerbrach und zerklüftete.

Dann ein Wechsel von Kalt- und Warmzeiten die immer wieder ungeheure Mengen von Schmelzwasser (am Ende der letzten Eiszeit bis 3000 m³/s) durch die Landschaft jagte. Die Menge des Materials welches der Verdon dabei ins Richtung Mittelmeer trug ist unfassbar und die Tief der Schlucht beeindruckend.

Links und Rechts des Weges

Die Strecke an der südlichen Seite der Schlucht ist einsam. Kein Dorf oder Weiler. Nur ein einzelnes Hotel ist am Wegesrand zu finden.

Kein Wunder, windet sich die Straße doch durch die wilde, felsige Karstlandschaft. Hier gibt es kaum etwas, mit dem mann bis vor noch hundert Jahren seinen Unterhalt verdienen konnte. Nur für den neuzeitlichen Tourismus taugt die Landschaft. Wanderer, Kletter, Menschen die die Einsamkeit einer großartigen Landschaft suchen, sind hier richtig.

Immer wieder sind enge Haarnadelkurven zu meistern, um steile Steigungen oder Gefälle zu überwinden. Die Pont de l’Artuby ein Bogen aus Stahlbeton wölbt sich 137 hoch über Artuby, einem Nebenfluss des Verdon. 110 Meter liegen die beiden Stützpunkte des Bogens entfernt, der eine 180 Meter lange Fahrbahn trägt. Schon in den 1930er Jahr begann man mit dem Bau der Brücke um die Gegend touristisch erschließen zu können. Aber erst nach dem zweiten Weltkrieg im Jahr 1946 konnte sie vollendet werden.

Georges du Verdon - Pont de l'Artuby
Pont de l’Artuby

Balcon de la Mescla

Immer wieder bieten sich sensationelle Aussichtspunkte an kleinen Parkplätzen oder Haltebuchten die einen Stopp ermöglichen. Am Balcon de la Mescla kann man eine besonders abrupte Wendung des Verdon beobachten. Um 180° dreht der Fluss seine Richtung. Die Felsnadel die er dabei umfließt muss wohl aus besonders hartem Gestein bestehen. Oder war das ehemalige Meeresriff an dieser Stelle von besonders weichen Material umgeben.

Hier verabschiedet sich die D 71 von der Verdonschlucht. Ab hier verliert die Landschaft mehr und mehr ihren wilden und zerklüfteten Charakter und geht eine kleine Hochebene über.

Dann geht es hinunter in das Tal des Jabron dem wir auf der D 955 flussabwärts einige Kilometer folgen. Während die Jabron in den Verdon mündet, führt unsere Straße nun entlang dem Bett des Verdon, dem wir nun stromaufwärts folgen.

Gerne würde wir jetzt ein lauschiges Plätzchen finden, um die Beine in das klare Wasser des Verdon zu tauchen und ein wenig beim Rauschen des Gebirgsflusses zu verweilen. Leider ist uns ein solches Glück nicht vergönnt.

Castellane

So kommen wir nach Castellane. Der Ort wird von „Le Roc“ dominiert. Am östlichen Ortsrand steht unvermittelt der riesige Felsen, der sich gut 100 Meter über den Ort erhebt. Von hier unten erkennen wir, dass der Fels von einer Art Turm mit einer Figur gekrönt wird. Was es damit auf sich hat sollen wir später erfahren. Gleich am Fuß der fast senkrecht aufragenden Felswand liegt ein Parkplatz, auf dem auch Wohnmobile über Nacht stehen können.

Castellane - Wohnmobilestellplatz
Castellane – Wohnmobilestellplatz

Ein Rundgang durch Castellane

Zunächst unternehmen wir einen kleinen Streifzug durch Castellane. Die meisten Straßen und Gassen sind den Fußgängern vorbehalten. Es geht vorbei an der Èglise Sacré Couer weiter durch die Rue Sainte-Victor zur gleichnamigen Kirche. Dann hinüber auf die Rue du Mitan an deren Ende uns eine großer Torbogen auf die Rue Nationale führt.

Es ist ein altes und charmantes Städtchen, dass uns für dieses Nacht Asyl gewährt. Einer der Orte, wegen denen wir Frankreich mit seiner Provinz so schätzen gelernt haben. Sei es Pellgrue oder Sarlat, Gimel-les-Cascades oder Vogüé. Diese kleinen Orte machen Frankreich für uns so interessant und unverwechselbar.

Natürlich sind es auch immer die kleinen Details, die einen Rundgang so interessant machen.

Ein frühes Abendessen

Unser Rundgang endet fürs erste im Restaurant La Taverne am Place Marcel Sauvaire. Hier kehren wir gegen 14:30 Uhr zu einem verspäteten Mittagessen ein. Schön sitzt man hier auf der Terrasse unter einer Markise und Platanen. Viel ist nicht los an diesem Samstagnachmittag im Spätsommer, aber das Essen ist preiswert und lecker.

Auf den Felsen

Als wir gegen 16:00 unsren Rundgang am Wohnmobil beenden, ist es noch viel zu früh um den Tag jetzt schon zu beenden. Die Frage nach dem Programm für den Rest des Tages ist schnell beantwortet. Zu geheimnisvoll ragt die gewaltig Felswand des Le Roc vor uns auf, als das wir uns gegen einen Aufstieg entscheiden könnten.

Also machen wir uns nochmal auf den Weg. Hinter der Èglise Sacré Couer beginnt der Aufstieg zu der für uns noch immer geheimnisvollen Chapelle Notre-Dame-du-Roc. Weit ist der Weg nicht, nur etwas mehr als ein Kilometer gilt es zu gehen. Dabei sind aber 175 Höhenmeter nach oben zu absolvieren. Es geht also mit durchschnittlich 15% Steigung bergan. Untrainiert für uns eine kleine Herausforderung.

Die können wir aber gut meistern. Der Weg hat ein gewisses Unterhaltungspotential und wird so nicht langweilig. Immer wieder gibt es interessante Aussichten hinunter nach Castellane, in das Tal der Verdon und auf die umliegenden Berge.

15 Stehlen mit den Abbildungen der Leiden Christi machen den Wanderweg zu einen Kreuzweg. Auf jeder der Stehlen zeichnet farbenfroh eine Keramikplatte eine Station des Kreuzweges.

Der Weg führt uns gewissermaßen auch hinter der Gipfel, fast einmal um den Berg herum. Dabei entdecken wir auf der anderen, der von Castellane abgewandten Seiten die Reste von Petra Castellana. Die Stadtmauer und die Ruine der Èglise Sainte-André sind gut zu erkennen. Irgendwann waren die Gefahren verschwunden, die die Bewohner seinerzeit hier oben auf dem schwer zugänglichen Berg hinter festen Mauern siedeln ließen. So wurde unten im Tal das heutige Castellane gegründet. Petra Castellana geriet in Vergessenheit und verfiel.

Petra Castellana

Von hier aus beginnt eine kleiner Bergab-Bergauf-Parcours. 40 Höhenmeter nach unter, 40 Höhenmeter hinauf, 30 Höhenmeter bergab. Dann ist die Chapelle Notre-Dame-du-Roc erreicht.

Schon in Ronchamp, am Anfang unser Reise durften wir lernen, dass Kapellen auf markanten Bergen in Frankreich seit Jahrhunderten irgendwie populär sind.

Chapelle Notre-Dame-du-Roc

Ehemals Stand hier eine Kapelle für die Bewohner von Petra Castellane. Der Ort hat seit dem eine bewegte Geschichte hinter sich. Sie ist geprägt von Verfall und Wiederaufbau, wechselnden Landesherren, Plünderung und Besitzwechsel.

Heute ist sie im Besitz der Gemeinde und ein Wallfahrtsort. Davon zeugen die viele Gaben und Symbole, welche die Pilger hier hinterließen.

Wir verschnaufen hier oben erstmal. Es war eine durchaus anstrengender Aufstieg. Aber der Schweiß auf der Haut trocknet in den lauen Luft dieses Spätsommerabends mitten in der Provence schnell.

Wir genießen noch ein wenig die großartigen Ausblicke von hier oben und können uns dabei auch davon überzeugen, dass unser Auto noch am rechten Platz steht.

Dann machen wir uns an den Abstieg. Unten angekommen beenden wir den Tag mit eine Runde Ligretto, dem ordnen von Bildern und Reiseunterlagen und einem späten Abendessen. Danach ist es dunkel geworden. Eine gute Gelegenheit Le Roc noch einmal bei einem ganz anderen Licht zu betrachten.

Castellane - Le Roc
Castellane – Le Roc

Hier noch unsere Tagesstrecke

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