Villars-Colmars – Col d’Allos – Le Lauzet Ubaye

Das malerische und wehrhafte Villars-Colmars der fahrtechnisch kitzlige Col d’Allos und das kleine Alpendorf Le Lauzet Ubaye bestimmen den heutigen Tag.

Aufbruch in Castellane

Heute am 23. September 2019 ist das schöne Wetter in die Provence zurückgekehrt und wir müssen uns so langsam auf den Heimweg machen. Ca. 1.300 Kilometer liegt in den noch verbleibenden fünf Tagen vor uns. Das macht 260 Kilometer am Tag. Ein Etmal das uns noch ausreichend Zeit lässt, dieses und jene am Rand des Weges zu entdecken.

So brechen wir bester Laune gegen 10:00 Uhr in Castellane auf. An der mikroskopisch kleinen AVIA-Tankstelle in der Rue Saint-Michel füllen wir unser Kraftstoffdepot auf und starten dann auf der B 955 Richtung Norden.

Barrage de Castillon

Nach ca. acht Kilometern erreichten die gewaltige Staumauer der Barrage de Castillon. Anlass für einen ersten Stopp. Das Bauwerk ist 95 Meter hoch und 200 Meter breit. Hier werden die Schwankungen der Wassermengen des Verdon reguliert, Überschwemmungen verhindert und über 200.000 Menschen mit Strom aus Wasserkraft versorgt.

Gegenüber der Staumauer zeigt eine kahle Felswand, wie im Trias das Urmeer hier Schicht für Schicht ablagerte. Deutliche erkennt man, dass sich hellere und dunklere Schichten abwechseln. Die Schichten sind angekippt. Als sich von 120 Millionen Jahren gleich nebenan die Alpen in die Höhe hoben, wurde auch das Gebiet der heutigen Provence ein wenig durchgerüttelt.

Wir fahren weiter und folgen dabei dem Seeufer in Richtung Norden. Dort vor der Stau beginnt, lieg Saint-André-les-Alpes. Offenbar haben wir damit des Gebiet der Seealpen erreicht.

Wir folgen weiter dem Verdon flussaufwärts. Der Fluss ist hier wild und schiebt ungezügelt große Schotterbänke talwärts. Nur eine soliden Böschung, die die Strasse schützen soll, gebietet dem Fluss bei Hochwasser Einhalt.

Die Landschaft ist großartig das Wetter nach wir vor sehr schön.

Villars-Colmars

30 Kilometer weiter erreichen wir Villars-Colmars. Bei der Einfahrt begrüßt uns die Festungsanlage Fort de France. Der Ort selber versteckt sich auch hinter einen respektablen Stadtmauer. Am Ende des Ortes dann die nächste Festung das Fort de Savoie. Der wehrhafte Charakter dieses Ortes scheint uns eine kleine Entdeckungstour wert zu sein. Außerdem ist es inzwischen 12:00 Uhr und damit Zeit für einen kleine Mittagspause. Also wenden wir noch vor dem Ortsausgang und finden eine schöne Parkmöglichkeit am westlichen Ortsrand.

Parking de la Lance – Villars-Colmar

Ein kleiner Rundgang in Villars-Colmars

Von hier aus ist es zu Fuss nicht weit und wir stehen vor dem mächtigen Tor, welches und Einlass in den kleinen Kosmos hinter der Stadtmauer gewährt. Überragt vom Turm der wehrhaften Èglise Paroissiale Saint-Martin (Pfarrkirche Saint-Martin) drängt sich hier Haus an Haus. Enge Gassen mit mitunter großen Namen („Grande Rue“) durchziehen das Gewirr der Wand an Wand stehenden Häuser.

Wir fühlen uns hier sofort wohl. Wieder eines dieser uralten Dörfer abseits des großen Zentren. Charmant und ein wenig morbide. Einige wenige Geschäfte die jetzt zu Mittagszeit geschlossen haben, eine ebenfalls geschlossene Bar mit den Namen „Crazy Pub“, ein Restaurant und mehrere Plätze mit alten Brunnen fallen uns auf. Die waren früher nicht nur Zierde sondern Wasserquelle und Waschplatz, wie eine Infotafel erklärt.

In der alten Pfarrkirche werden die Herren auf eine angemessenes Benehmen (Mütze und Hüte abnehme) und die Damen auf einen korrekten Dresscode (korrektes Kleid) hingewiesen.

Am Ende der Grande Rue, am Place du Barri und am Porte de Savoie wird deutlich, wie wehrhaft dieser Ort einst gewesen sein muss. Neben der Stadtmauer mit ihren beiden Bastionen wurde das Städtchen ja auch noch von den beiden Kastellen nördlich und südlich des Ortes geschützt.

Leider bekommen wir nur wenig über die Geschichte von Villars-Colmars heraus. Aber die Lage hier im Tal des Verdon, mit dem Zugang zu gleich zwei Passtrassen, dem Col d’Allos und dem Col des Champs waren für die strategische Lage des Ortes von sicher entscheidender Bedeutung.

Zum Schluss noch eine Leckerei

Nach unserem Rundgang besuchen wir noch die kleine Bäckerei gleich vor der Stadtmauer und kehren mit einem geheimnisvollen Karton zum Wohnmobil zurück. Verpackt in der Kartonage ist eine Art Gugelhupf mit Pudding-Füllung – sehr lecker.

Weiter im Tal des Verdon zum Col d’Allos

Gegen 14:00 Uhr geht es dann für uns weiter. Immer noch nach Norden und noch immer folgend wir dem Verdon hin zu seinem alpinen Ursprung um dann weiter hinauf auf den Col d’Allos zu fahren.

Bis Allos

Das Tal bleibt weit, die Berge rundum werden immer höher, die Landschaft immer alpiner und die Baumgrenze scheint bald erreicht zu sein. In Allos haben wir 1.430 Meter über dem Meer erreicht.

Wenig später kommen wie nach La Foux d’Allos dem Skigebiet an der Quelle des Verdon. Schön ist es hier nicht gerade. Aber sicher zweckmäßig für tausende Skifahrer die sich von 35 Seilbahnen und Liften auf den Berg bringen lassen, um dann insgesamt 180 Pistenkilometer unter die Bretter zu nehmen.

La Foux d’Allos

Jetzt im späten September ist hier alles wie ausgestorben. Kein Wunder bei über 20° Celsius und grünen alpinen Matten, die bis hoch auf die Gipfel der umliegenden Berge reichen. Der höchste ist der Grande Seolane mit 2.909 Metern. An seiner Südflanke entspringt der Verdon, von dem wir uns nun verabschieden.

Aufstieg zu Col d’Allos

Gleich hinter La Foux d’Allos biegt die D 908 jäh nach Westen ab und beginnt in engen Serpentinen den Aufstieg zum Col d’Allos. Unten am Einstieg verbietet ein Schild die Weiterfahrt für Fahrzeuge über 3 Tonnen Gewicht, ein Maß, in das wir nicht ganz hineinpassen.

Die Fahrt hinauf ist nicht lang, gerade einmal sechs Kilometer, aber sehr anspruchsvoll mit dem Wohnmobil. Dabei ist nicht die Länge, sondern die Breite unserer Reisekutsche das Problem. Jedes Auto welches uns entgegenkommt wird zu einer Herausforderung.

Die Asphaltstraße ist schmal und hat kein Bankett. Der Rand der Fahrbahn endet oft abrupt und steil. Ausweichen auf den unbefestigten Fahrbahnrand ist so nicht möglich. Um wenn, bleibt auch dort nicht viel Platz bevor es steil bergab geht. Ausweichstellen und Leitplanken sind hier unbekannt.

Col d’Allos

Nach einigen kitzligen Begegnungen mit dem Gegenverkehr, in denen es nur mit Einweisung von außen Zentimeter um Zentimeter vorwärts geht, erreichen die den Co d’Allos gegen 14:50 Uhr.

Die Weite der Landschaft hier oben über der Baumgrenze beeindruckt uns. Noch fehlt die Gewalt einer hochalpinen Landschaft. Irgendwie sanft breiteten sich Täler und Berge aus. Auf den ausgetrockneten Matten tummelt sich hier und dort ein Murmeltier.

Murmeltier

Und still ist es hier oben. Eine Stille die die in manchen Jahren aber mindestens einmal im Jahr jäh unterbrochen wurde.

In den ersten Jahren der Tour de France führte die Strecke fast jedes Jahr über diesen Pass. Später waren die Pedalritter immer seltener hier zu Gast. Das letzte Mal war hier 2015 eine Bergwertung zu gewinnen. Simon Geschke, ein Deutscher, war damals der Gewinner hier oben. Wenige Kilometer weiter gewann er nach rasanter Abfahrt und einem letzten steilen Anstieg die Etappe in Pra Loup.

Ein halbe Stunde später sagen wir den Murmeltieren und der großartigen Landschaft hier oben Adieu und folgen den Spuren von Simon Geschke aus dem Jahr 2015 hinunter in Tal.

Hier auf der anderen Seite des Passes ist die Fahrt weniger anspruchsvoll da die Strecke ab dem Scheitel des Passes ein wenig breiter wird. So cruisen wird entspannt die 20 Kilometer hinunter nach Barcelonnette. Der Gegenverkehr vermag uns diesmal nicht aufzuhalten. Nur ein vorwitziges Eichhörnchen am Straßenrand lässt uns und den Gegenverkehr einen Moment innehalten.

mutiger Eichkater

Unten in Barcelonnette biegen wir auf die D 900 in Richtung Westen ab. Weit soll es heute nicht mehr gehen. Wir halten Ausschau nach einem Stellplatz für die Nacht und werden in Le Lauzet Ubaye fündig.

Le Lauzet Ubaye

Zwar haben wir nicht einmal die Hälfte der Strecke geschafft, die wir uns für heute vorgenommen hatten. Aber das ist egal. Das Wetter ist schön, die Landschaft reizvoll und auch Le Lauzet Ubaye scheint eine kleine Erkundung wert zu sein. So beenden wir auf dem Stellplatz gleich unterhalb der D 900 und oberhalb des Ufers des beschaulichen Lac du Lauzet unsere heutige Etappe.

Am frühen Abend machen wir uns auf den Weg den Ort zu erkunden. Die Straßen und Gassen ähneln sehr denen, durch wir heute Mittag in Villars-Colmars schlenderten. Nur der wehrhafte Charakter geht Le Lauzet Ubaye weitestgehend ab. Keine Stadtmauer, keine Festungen auch keine Burg.
Das Örtchen scheint auch wesentlich kleiner als Villars-Colmars zu sein.

Ist man aber einmal in die Gassen eingetaucht, scheinen sich die Orte kaum zu unterscheiden. An einer engen Straße reihen sie die Häuser. Eine Kirche, ein Platz mit einem Brunnen. Sanierte Häuser und solche, die dem Verfall preisgegeben scheinen. Hier und da ergeben sich Sichtachsen auf den beeindruckende Bergwelt ringsum.

Le Lauzet Ubaye liegt am L’Ubaye. Hier ist er noch ein wilder Gebirgsfluss, der in mehren Katarakten nördlich am Ort vorbei fließt. Wenige Kilometer weiter versinken seine Stromschnellen jedoch im Lac de Seere-Ponçon. Dort vereinigt er sich mit Durance. Die Wasser beider Flüsse münden bei Avignon in die Rhone in fließen so dem Mittelmeer zu. Noch sind wir weit von der Wasserscheide zwischen dem Mittelmeer und dem Atlantik mit seinem Nebenmeer, der Nordsee entfernt.

Viel näher liegt für uns das Relais Du Lac. Hotel, Bar und Restaurant in einem will es sein und liegt direkt an der D 900 oberhalb unserer Stellplatzes.

Ein Abend im Relais Du Lac in Le Lauzet Ubaye

Relais du Lac – Le Lauzet Ubaye

Gegen 19:00 betreten wir das Restaurant und sind zunächst sehr skeptisch. Ganz allein sitzen wir in einem Ambiente, dass an längst vergangene Zeiten erinnert. Irgendwie ist es recht dunkel hier. Das hölzerne Mobiliar lädt nicht unbedingt zum längeren Verweilen ein. Mal sehen war das wird.

Wir bestellen Speis und Trank und plötzlich geht es ganz schnell. Innerhalb von 20 Minuten ist der Laden bis auf dem letzten Platz gefüllt. Offenbar sind des Hotelgäste und Einheimische, die dem Etablissement nun Leben einhauchen.

Das uneingeschränkte Kommando über die Gäste und das Personal übernimmt im scharlachrotem Hemd nun der Hausherr und Wirt.

Mit einem witzigen Wort an jedem Tisch nimmt er die Bestellungen auf und bringt so Stimmung in seinen Laden. Wir als Deutsche bekommen auf ironisch Weise „unser Fett weg“ und fühlen uns gerade deshalb als willkommene Gäste in dieser frankophilen Gesellschaft.

Das Essen ist hervorragend und die sind Getränke preiswert. So verbringen wir im Relais du Lac in Le Lauzet Ubaye eine wunderbaren Abend. Ein wenig Wehmut schleicht sich allerdings ein. Wir haben nur noch wenige Tage für diese Tour und noch viele Kilometer vor uns.

Als wir das Relais du Lac verlassen ist es bereits dunkel. Die schon schmale Sichel des abnehmenden Mondes steht hinter dem Pic de Charance im Norden. Doch die Bürger von Le Lauzet Ubaye wissen sich zu helfen und beleuchten effektvoll den keinen Brunnen in ihrem Minipark an der D 900.

Für uns ist dieses kleine Leuchtfeuer ein wunderbarer Wegweiser hin zu unserem Wohnmobil, wo wir entspannt den Abend beenden.

Hier noch unsere Tagesstrecke

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