In der Camargue
Heute Morgen hat sich der Wetterwechsel komplett durchgesetzt. Der Himmel ist mit grauen Wolken verhangen, die Temperatur ist gegenüber gestern um satte 10 °C gefallen. Ein erster Hauch des Herbstes liegt über der Camargue.
Wir wollen den Vormittag nutzen, um diese einmalige Küstenlandschaft näher zu entdecken. Steffi schwing sich gegen 08:00 Uhr auf das Fahrrad und macht den Kundschafter. Nach eineinhalb Stunden ist Sie zurück und berichtet begeistert von Ihren Eindrücken und Erlebnissen.
Grund genug für Paula und mich nun eine ähnliche Exkursion zu unternehmen. Mit den Fahrräder und der Kamera machen wir uns auf dem Weg. Der Weg entlang der wilden Küste beginnt nicht weit von unserem Stellplatz. Die Einfahrt ist mir einer Art Tor so verengt, das hier nur noch Fahrzeuge von der Größe eine PKWs hindurch passen.
Sicher eine sinnvolle Maßnahmen. Ansonsten würden wohl Wohnmobile in ungebremster Art und Weise in dieses Naturparadies eindringen.
Was es zu sehen gibt in Camargue
Schnell merken wir, dass hier keine Wildnis im eigentlichen Sinne ist und Aspekte des Küstenschutzes nach wie vor eine Rolle spielen. Ein schnurgerader Entwässerungskanal begleitet den einzigen Weg der entlang den Dünen führt.
Weiter unten am Strand nagt das Meer erfolgreich an Hinterlassenschaften der Zivilisation. Der Alte Steg hat seine Bestimmung wohl schon vor langer Zeit verloren. Nur noch ein Fragment widersteht trotzig den auflaufenden Brechern.
Interessant wird es für Ornithologen einige hundert Meter weiter. Hunderte Flamingos haben Gefallen an den flachen Lagunen gefunden. Aber auch Säbelschnäbler wissen die flachen und nahrungsreichen Gewässer zu schätzen.
Jetzt, gegen 09:45 Uhr, schwärmen die Touristen langsam aus, um diese einmalige Landschaft zu erkunden. Zu Fuß auf dem Rad und natürlich auf dem Pferd, das zu Camargue gehört wie die Église Notre-Dame-de-la-Mer zu Saintes Maries gehört. Mehrere Reitergruppen haben sich auf den Weg gemacht. Manche direkt am Strand, anderen erkunden die Wiesen landeinwärts zwischen den vielen Lagunen.
Pferde der Camargue
Und dann sehen wir sie doch noch: Die „wilden Pferde“ der Camargue, die in weiter Landschaft noch tun und lassen können was sie wollen.
Für uns geht es langsam zurück von unserer kurzen Stippvisite. Nahe von Saint-Maires versuchen die Brandungsangler mit gewaltigen Ruten ihr Glück und vorn in Saint-Maries thront die Église Notre-Dame-de-la-Mer über den Gassen und Häusern der Stadt. Hätte sie von 2.000 Jahren schon gestanden, wäre sie Maria-Magdalena ein sicheres Seezeichen gewesen.
Glück der Brandungsangler Saintes-Maries-de-la-Mer
Zurück am Wohnmobil machen wir alles bereit für die nächste Etappe unserer Reise. Gegen 11:10 Uhr brechen wir auf und kämpfen nochmal mit der superengen Zufahrt, diesmal „unterstützt“ von Regen, Sandsturm und einer wirklich miesen Sicht.
Auf dem Weg an den Lac de Sainte-Croix
Unser Baedeker Reiseführer empfiehlt uns als nächstes Ziel die Georges du Verdon. Die grandiose Schlucht ist ca. 230 Kilometer von Saint-Maires entfernt. Eine gute Tagesstrecke wie wir finden. Da sollte auch noch genug Zeit bleiben, um Aix-en-Provence zu besuchen. Immerhin gilt die alte Hauptstadt der Provence als eine der schönsten Städte Frankreichs. Erwartungsvoll verlassen wir die Camargue und nehmen ab Arles die A 8. Gegen 12:40 Uhr erreichen wir Aix-en-Provence.
Pleite in Aix-en-Provence
Was nun passiert wird zu einer einzigen Enttäuschung. Fast eine Stunde kreuzen wir Rund um den historischen Stadtkern von Aix-en-Provence auf der Suche nach einem geeigneten Parkplatz. Ohne Erfolg legen wir so 15 Kilometer zurück. Auch die üblichen Tools wie CamperContact oder Park4Nights sind wenig hilfreich. Entnervt geben wir auf und machen uns auf den Weg weiter nach Westen.
Weiter nach Les-Salles-sur-Verdon
Von unserer weiteren Fahrt an den Verdon gibt es nicht viel zu berichten. Der Nachmittag ist verregnet und die Landschaft nur wenig interessant. Bei Sait-Paul-lez-Durance fällt uns eine riesiges gut gesichertes Areal auf.
Die Mauern und Zäune sind mit Stacheldraht bewehrt. Geheimnisvolle Gebäude sind hinter Bäumen auszumachen. Es handelt sich um das Centre d’Etudes Nucléaires de Cadarache – ein wichtiges Forschungs- und Entwicklungszentrum der französischen Atomernergiewirtschaft. Forschungsreaktoren verschiedener Typen und Aufbereitungsanlagen für verschieden Kernbrennstoffe sind oder waren hier zu finden.
In 450 Gebäuden finden hier 5.000 Mitarbeiter Lohn und Brot.
Gleich nebenan der International Thermonuclear Experimental Reactor – ITER. Ein internationales Projekt forscht hier, um einen Fusionsreaktor zu ermöglichen. Neben 27 EU-Staaten sind die Schweiz, die USA, Süd-Korea, Russland und Indien beteiligt. Sehr beeindruckend.
In Riez legen wir einen Stopp ein, um ein paar Einkäufe zu erledigen. Gegen 16:00 Uhr erreichen wir dann den Lac de Sainte-Croix. Hier wird der Verdon auf einer Länge von 11 Kilometern aufgestaut. So entsteht ein See mit einer Fläche von ca. 22 km² und einer Tiefe von bis zu 90 Metern.
Wir halten an der Pont du Galetas, die am Beginn des Staus die D 957 über den Verdon führt. Neben dem Wasser in tiefen Türkis fällt eine Warntafel am Brückengeländer auf. Dass das Springen und Tauchen hier verboten ist hat sicher seinen Grund. Welche tragischen Unfälle aus Leichtsinn und Übermut hier schon passiert sind wollen wie gar nicht wissen.
Ein Abend auf Camping La Source
Wir wollen unsere Tour für heute am Lac de Sainte-Croix beenden. Hierzu fahren wir hinüber nach Les Salles-sur-Verdon. Der Ort kommt uns seltsam modern vor. Auf keine Fall ist dies ein historischer Ortskern, sondern eher eine neuzeitlichen Wohnsiedlung aus der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts.
Die Geschichte dahinter ist schnell erzählt. Als der Lac de Sainte-Croix 1974 aufgestaut wurde, ging in seinen Fluten das alte Les Salles unter. Hier am Südhang des Stausees wurde eine neuer Ort mit gleichem Namen errichtet.
Im oberen Teil des Ortes gibt es beim Hôtel L’Ermitage einen Wohnmobilstellplatz, den wir als erstes anfahren. Einige Mobile stehen schon hier. Ehrlich gesagt finden wir diesen Platz maximal suboptimal. Wirklich gefallen tut uns das Ambiente nicht. Auch der Stromanschluss ist von der noch einzigen freien Parzelle zu weit entfernt, als dass wir ihn mit unsere Kabeltrommel erreichen könnten.
So verlassen wir diesen Platz wieder und checken auf dem Campingplatz La Source unten am Seeufer ein. Wir parken auf der Parzelle 11 ein und sind offenbar in der deutschen Community auf diesem Campingplatz gelandet. Die Kennzeichen der Wohnwagen, PKWs und Bikes der Nachbarn beginnen mit K, RE oder MS.
Die Nachbarn, ein Spaziergang und ein Abendessen
Neben den Kennzeichen aus der gleichen Gegend haben alle unsere Nachbarn noch eines gemein: Alle haben Bikes unterschiedlichster Leistungsklassen dabei. An manchen wird jetzt am frühen Abend leidenschaftlich geschraubt. Alles sieht recht professionell aus. Sicher bereiten sie sich auf Ihre nächste Spritztour rund um das Tal des Verdon vor.
Wir für unsere Teil haben glücklicher Weise nichts zu schrauben und unternehmen eine kleinen Spaziergang hinunter zum Ufer des Lac de Sainte-Croix.
Danach kehren wir in das kleine Bistro des Campingplatzes ein und genießen es heute das Abendessen nicht selbst zubereiten zu müssen. Mit einer Runde Ligretto beenden wir den Abend und freuen uns morgen die Georges du Verdon, den Grand Canyon der Provence erkunden zu können.