Devotionalien

Erkundungen am Main I

Eines dieser trostlosen grauen Novemberwochenenden ist angebrochen. Wir haben uns fest vorgenommen diesen tristen Tagen etwas Farbe zu verleihen. Am Ende des Tages werden wir feststellen können, dass wir mit der Basilika Vierzehnheiligen, dem Kloster Banz und dem historischen Stadtkern von Bamberg in eine ganze Farbpalette hervorgekramt haben um dieses Wochenende aufzuhellen.

Anreise

Heute Morgen merken wir wieder einmal, dass die Thüringer-Wald-Autobahn ein wahrer Segen für dir Region ist. Ja sie zerschneidet den Thüringer Wald mit Ihrer Trasse von Nord nach Süd.

Fünf Tunnel und acht Talbrücken zwischen Erfurt und Coburg sorgen aber dafür, dass sich die Einschnitte in die Natur in Grenzen halten. Über eine Wildbrücke und unter den siebzehn Fluss- und Talbrücken kann die Fauna hin und her wandern. Für die Flora sollte die Autobahn ohnehin kein Hindernis darstellen.

Alles nicht ideal für die Natur, aber ein vertretbarer Kompromiss, wie ich finde.
Wir brauchen von Erfurt aus gerade mal eine Stunde und vierzig Minuten um unser Quartier in Reunsdorf bei Lichtenfels zu erreichen. Gäbe es die Autobahn nicht, hätte wir die Bundesstraße 4 nutzen müssen. Laut aktuellen Routenplaner hätten wir dann fast eine Stunde länger gebraucht und eine Stunde länger Abgase in die Luft geblasen.

Pension Müller

Wir schlagen hier unangemeldet als erste Gäste nach den gerade beendeten Betriebsferien auf. Wir werden freundlich empfangen und bekommen zwei Zimmer zur Auswahl angeboten. Einmal mit und einmal ohne Balkon. Wir entscheiden uns für den Balkon, besichtigen kurz das frisch renovierte und gut ausgestattete Zimmer und machen und das den Weg die Gegend zu entdecken.

Basilika Vierzehnheiligen

Wir sind einfach bis an den Parkplatz direkt an der Basilika gefahren. Bis 12:00 Uhr ist das erlaubt, und an dem heutigen nasskalten Novembertag sind hier auch ausreichend Parkplätze zu finden.

Um 11:28 klickt das erste Mal der Auslöser meiner Kamera um eines der filigranen Säulenkapitelle am Portal der Basilika einzufangen. Wir überqueren den nordöstlichen Vorplatz der Basilika.

Das dieser Platz nicht der christlichen Bautradition folgend, konsequent nach Norden ausgerichtet ist, hat einen einfachen Grund. Der Baumeister B. Neumann wollte eine direkte Blickbeziehung zum Kloster Banz auf der anderen Seite des Maintals herstellen. Dazu musste das Portal der Basilika nach Südost gedreht werden. Das führt zu der ungewöhnlichen Ausrichtung der Basilika und der sie umgebenen Plätze.

Von hier aus ist die Fassade für einen Rokokobau fast bescheiden. Nur die Apostel auf der Längsseite des Mittelbaus schmücken diese Seite der Kirche. Sie grüßen uns mit Ihren vergoldeten Attributen Säge, Schlange und Lanze. Wer war nochmal der mit der goldenen Säge? Denn hatten wir schon einmal an ganz anderem Ort. Ach ja das war Simon Zelotes. Auch die Lanze von Thomas und die Schlange in den Händen von Johannes glänzen selbst bei dem trüben Wetter in goldner Farbe. Nur Andreas trägt sein „Andreaskreuz ohne jeden Schmuck. Die anderen acht Apostel schmücken die anderen Teile des Daches  und der Türme.

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Wir betreten die Basilika und sind schwer beeindruckt. Wir stehen in einem Gesamtkunstwerk des Rokoko. Hier ist jedes Detail aufeinander abgestimmt. Die Platzierung jedes Elementes ist durchdacht, die Blickbeziehungen aller Figuren folgen einem Konzept, die Ausstattung ist opulent.  

Der Gnadenaltar

Der Höhepunkt bildet ohne Zweifel die Rotunde des Gnadenaltars im Raum zwischen dem Gestühl und Hochaltar. Er ist genau über jener Stelle errichtet, an der der Legende nach, ein Hirtenjunge jene Wundererscheinung hatte, die diesen Wallfahrtsort begründete.

Die Legende

Ganz kurz könnte man die Legende so erzählen: Hirtenjunge sieht ein weinendes Kind auf dem Acker, das gleich wieder verschwindet. Kurze Zeit später passiert dasselbe und neun Monate später noch einmal. Nun trägt das aber Kind ein rotes Kreuz auf dem Herzen und ist von weiteren vierzehn Kindern umgeben. Diese verkünden, dass sie die vierzehn Nothelfer wären und an dieser Stelle eine Kapelle bräuchten. Später tauchen wie aus dem nichts hier Kerzen auf und eine Wunderheilung macht die Sache perfekt. 

Kapelle gewünscht? Kein Problem …

Die vierzehn Nothelfer, alles Heilige und bis auf einem auch alles Märtyrer, bevölkern den Gnadenaltar. Sie stehen auf einem durchbrochenen Baldachin in dem die Ornamentik das bestimmende Gestaltungselement ist. Gekrönt wird das Ganze von einem Himmel, auf dem das Jesuskind mit rotem Kreuz auf dem Herzen thront.

Das ganz ist so vielfältig und filigran, dass mach auch mehreren Stunden des Betrachtens immer noch neue Details und Perspektiven entdecken kann. Für alle die nicht ganz so „bibelfest“ sind, so wie ich, hier eine kleine Linkliste zu den „Stars“ dieses einmaligen Ensembles.

Hl. Achatius Hl. Ägidius Hl. Barbara Hl. Blasius Hl. Christophorus Hl. Cyriakus Hl. Dionysius
Hl. Erasmus Hl. Eustachius Hl. Georg Hl. Katharina Hl. Margareta Hl. Pantaleon Hl. Veit

Das alles thront, wie schon gesagt, über dem Ort der Wundererscheinung eines Hirten, der übrigens auf den Namen Herrmann hörte und dem die Schafe des Klosters anvertraut waren. Eine „Wunderkammer“ unter dem Baldachin verweist auf das Wunder.

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Die Votivkammer

Hier wird deutlich wie tief gläubig die Menschen hier waren und sind. In Situationen die sich tief in das Leben den Menschen gruben wurden die Nothelfer im Gebet angerufen. Dabei waren es erst schwere Krankheiten, bevorstehender Tod, existenzbedrohende Umstände ein Grund, sich in seiner existenziellen Not, an die Nothelfer zu wenden. Die Votivkammer birgt Gegenstände aus unterschiedlichen Epochen. Diese wurden immer dann gestiftet wenn die Nothelfer helfen konnten. Dort lassen sich rührenden Geschichten erahnen: abgewendeter Kindstod, überstandene Krankheiten,geglückte Wallfahrten usw. 

Die Deckengemälde

Auch die Deckengemälde folgen einem theologischen Konzept indem es verschiedene zentrale Themen der katholischen Glaubensauslegung aufnimmt. Den Blick in den Himmel lässt und die heilige Dreifaltigkeit mit dem Heiligen Geist, dem Gott-Vater und dem Gott-Sohn genauso auszumachen, wie die vierzehn Nothelfer oder die Jungfrau und Gottesmutter Maria. Alles ausgeführt in roten, braunen und ocker Tönen, gerahmt von edlem Weiß und Gold. 

Hochaltar und Seitenaltäre

Der Hochaltar mit der Verkündigung der Geburt Christi und die beiden Seitenaltäre (Petrus-Altar und Paulus-Altar) sind die weiteren bestimmenden Elemente dieses Gesamtkunstwerkes. 

Der Hochaltar im Ostchor ist im Gegensatz zum Gnadenaltar eher gewöhnlich aufgebaut und findet seinen Platz auch an gewöhnlicher Stelle im Ostchor. Geschickt eingepasst in die Apsis des Ostchores, ist jedoch nicht weniger opulent in Skulptur und Bild ausgestattet. Besonders nutzt er fast die gesamte Raumhöhe ist damit das zweite dominierende Element in der Basilika. 

Die Seitenaltäre in der kleinen Vierung waren ursprünglich dem auch zwei Nothelfern geweiht, dem Hl. Blasius auf der Nordseite und dem Hl. Georg auf der Südseite. Die Bildtafeln der dieser Altäre wurden jedoch mehrfach gewechselt. 1961 fanden hier die Werke „Bekehrung des Paulus vor Damaskus“ und „Die Vernichtung des Zauberers Simon Magnus durch Petrus“ aus den Bayrischen Staatsgemäldesammlungen ihre neue Heimstatt. Daher spricht man heute vom Petrus- und Paulus-Altar.

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Wir verlassen diesen beeindruckenden Ort, werfen noch einen Blick in das Informationszentrum nebenan und auf die Stände mit unterschiedlichsten religiösen und esoterischen Devotionalien.

Souvenirhandel

Kloster Banz

Dann ging es weiter zum Kloster Banz. Mit Auto gut zu erreichen, fanden wir auch an diesem eher besucherarmen Tag gerade noch einen Parkplatz, der heute in der Nebensaison kostenfrei war. 

Die gewaltige schlossartige Anlage war einst ein Dominikanerkloster und gehört heute des CSU-nahen Hanns-Seidel-Stifung. Das Kloster dient heute als Tagungsstätte, ist aber in Teilen zu besichtigen. Da ist zunächst im rechten Torflügel ein musealer Bereich, die Geschichte des Klosters erzählt. Derzeit gibt es hier eine Sonderausstellung über die Rolle des Klosters zur Zeit der Nationalsozialismus und des zweiten Weltkrieges. Besonder interessant der Teil, der das Kloster Banz als vermeidlich sicheren Ort für Kunstwerke und Archivalien in Zeiten des Bombenkrieges beschreibt. 

Eine Etage tiefer findet man neben einer kleinen Sammlung orientalischer Mitbringsel ein tolle Fossieliensammlung. Besonders beeindrucken hier die versteinerten Skelette großer Fischsaurier, die hier in der Gegend gefunden wurden.

Eine weiterer Höhepunkt sollte dann die Besichtigung der Klosterkirche werden. Angefeuert durch Pracht in Vierzehnheiligen, waren wir sehr neugierig darauf, was es hier zu entdecken gäbe. 

Es wurde leider eine kleine Enttäuschung. Vom ersten November bis in den Frühling ist der allergrößte Teil der Kirche nicht begehbar. Kurz nach dem Eingang trennt in der kalten Jahreszeit ein Gitter den Besucher vom eigentlichen Kirchenraum. Die prächtige Ausstattung ist nur von weitem, mit dem Blick durch enge Gitterstäbe zu bewundern.  

Schade!

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Der Veitsberg

Wir lassen uns aber nicht die Laune verderben und nehmen in der Klosterschänke Platz und genießen ein verspätetes Mittagessen.

Eigentlich wollten wir heute noch das Korbmachermuseum in Lichtenfels besuchen. Wir checken aber vorsicherheitshalber im Internet die Öffnungszeiten und werden ein weiteres mal enttäuscht. Auch hier sind Gäste am Wochenende nicht willkommen. So beschließen wir uns auf den Weg nach Bamberg zu machen. Der Stadt mit dem größten erhaltenen mittelalterlichen Stadtkern in Deutschland. Das klingt super interessant und Bamberg ist von Kloster Banz in nur 40 Minuten zu reichen. Dann ist der Nachmittag ja gerettet, denken wir uns. 

Der Weg nach Bamberg wurde dann doch etwas länger, denn wir werden an der Strecke auf die Kapelle auf dem markanten Veitsberg aufmerksam. Der sollte in zehn Minuten zu erreichen sein denken wir und und verlassen in Ebensfeld den Autobahn. Wir bewundern die schöne Stadt Ebensfeld und verpassen dabei den Abzweig zum Veitsberg. So machen wir einen großen Umweg und erreichen erst nach 40 Minuten die Kapelle auf dem Ansberg. Ansberg? Ja so heißt der Berg eigentlich aber bekannter ist er als Veitsberg.

Einst eine keltische Opferstätte, krönt den Berg nun die St.-Veits-Kapelle, die inmitten der grössten geschlossenen Lindengruppe Europas steht (hört hört .. ;-)). Auch bei dem schlechten Wetter heute – oder gerade deswegen – ein mystischer Ort. Von der sicher tollen Aussicht auf den Staffelberg und hinunter ins Maintal, haben wir heute aber leider nicht viel.

St.-Viets-Kapelle auf dem Ansberg

Bamberg

Nun aber weiter nach Bamberg, was über die Autobahnen 73 und 70 schnell erledigt ist. Einen Parkplatz in der Nähe des historischen Stadtzentrums zu finden, gestaltet sich eine wenig schwierig. Gleich an der Kirche St. Jakob am Jakobsplatz haben wir aber dann aber Glück. Von hieraus sind es zu Fuß fünf Minuten bis zum Dom. 

Auf dem Weg dorthin durchqueren wir die „Alte Hofhaltung“. Hier hatten es sich ab dem 15. Jahrhundert die Fürstbischöfe von Bamberg mit Wohn- und Wirtschaftsgebäuden gemütlich gemacht. Vorher stand hier eine Kaiserpfalz von Heinrich II.

Jetzt, im Zwielicht des hereinbrechenden Abends kommen einen vor dieser gewaltigen Kulisse sofort Assoziationen zu Filmen über Hexenverbrennungen und adere Absonderlichkeiten dunkeln Mittelalters. Und tatsächlich ist dies auch ein Drehort. Die ZDF-Produktion „Seelen im Feuer“ oder der 3D-Spielfilm „Die drei Musketiere“ fanden hier eine tolle Drehlocation. 

Wir gehen weiter zum Dom und werden ein weiteres Mal an diesem Tag enttäuscht. Es ist jetzt kurz vor 16:30 Uhr und wir finden keinen Einlass mehr in den Dom, da um 17:00 Uhr der Gottesdienst beginnt.

Schade!

So schlendern wir bei der nun einbrechenden Dunkelheit durch die Altstadt und sind schwer beeindruckt. Katzenberg, Dominikanerstraße, Untere Brücke, Obstmarkt, Obere Brücke. Karolinenstraße. Wir tauchen ein in einen Kosmos weltstädtischen Flairs in anheimelnder Gemütlichkeit. Das Alte Rathaus mit seiner toll bemalten Fassade, der Blick von der Unteren Brücke auf die Regnitz und „Klein Venedig“, die engen Gassen des Obstmarktes, die frisch sanierte Obere Brücke mit der Kreuzigungsgruppe und die großen Antiquitätenhändler mit ihren Schätzen in der Karolinenstraße – all das macht Lust, noch einmal hierher zu kommen.

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Der Tag geht zu Ende

Für heute verabschieden wir uns aber von Bamberg und machen uns auf den Weg in unser Quartier in Reunsdorf. Wir gönnen und ein leckeres Menü, kosten von regionalen Weinen und Bieren und beschließen den Abend mit einem Blick von unserm Balkon auf das Kloster Banz, getaucht in das warme Licht der Scheinwerfer, die das Kloster Nacht für Nacht weithin sichtbar machen. 

Ob dies im Sinne der einstigen Dominikaner ist, sei dahingestellt.

Kloster Banz

 

1 Kommentar zu „Erkundungen am Main I“

  1. Pingback: Franken - Entdeckungen am Main Teil 2 - Zugvogel Reiseblog

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