Toledo und Consuegra

Toledo und Consuegra, spanischer kann ein Reisetag nicht sich sein. Beide Orte entsprachen bisher einem Idealbild, welches wir mit dem Spanien verbunden haben. Al-Andalus, „Don Quijote“, die „Jüdin von Toledo“ – alles Schlagworte die uns bisher ein verschwommenes Bild von diesem Teil Spaniens suggerierten. Am Ende des Tages werden wir klarer sehen.

Nach Toledo

Heute Morgen ist es ganz still in Burujón. Von dem bunten Treiben des gestrigen Abends ist nichts mehr zu ahnen. So verlassen wir den unscheinbaren Ort mitten in der spanischen Provinz und machen uns kurz nach 09:00 Uhr auf nach Toledo. Gegen 10:00 Uhr haben wir die Stadt am Ufer des Rio Tajo erreicht und steuern wie schon gestern Abend den großen Parkplatz am Paseo de la Rosa an. Wie wir es schon vermutet hatten, hätten wir trotz des seltsamen Verbotsschildes dort übernachten können. Einige Camper haben diese Möglichkeit genutzt, offenbar ohne irgendwelchen Ärger bekommen zu haben.

Allerdings ist der Parkplatz jetzt komplett vollgestellt. Es ist keine Lücke auszumachen, schon gar nicht für unser großes Mobil. Erst als einer Camper aufbricht, können wir einen Parkplatz für uns ergattern.

Durch Toledo bis zur Catedral de Santa Maria

Nun können wir uns zu Fuß auf den Weg machen, um Toledo zu entdecken. Vom Paseo de la Rosa macht die Stadt einen ganz prächtigen Eindruck. Stolz thront sie unter weißblauen Himmel hoch oben auf der Anhöhe. Das bunte Häusermeer dort wird vom Alcázar de Toledo gekrönt.

Toledo
Toledo

Puente de Alcántara und Plaza de Miradero in Toleda

Wir nähern uns den alten Befestigungsanlagen über die Puente de Alcántara und stehen vor einem gewaltigen mit Zinnen bewehrten Brückenkopf am westlichen Ufer des Rio Tajo. Dahinter verläuft, den modernen Zeiten geschuldet, eine Straße, die die Altstadt von Toledo fast wie eine Ring umschließt. Dann betreten wir durch die Puerta de la Alcántara das alte Toledo.

Dort werden wir noch nicht mit den Palästen, Kirchen und Häuser belohnt, die Toledo so einmalig machen. Die müssen wir uns erst noch hart erarbeiten. Deshalb geht es erst einmal 184 Stufen bergan. Oben angekommen stehen wir auf dem weitläufigen Plaza de Miradero. Die Terrasse in wunderbarer Lage bietet uns einen großartigen Blick auf den Norden Toledos und auf den Rio Tajo.

Nur wenige Meter weiter werden unsere schweißtreibenden Bemühungen hier hinauf zu gelangen ein wenig konterkariert. Am östlichen Ende der Plaza de Miradero führt doch glatt eine Rolltreppe hier hinauf. Hunderte von Touristen und Passanten spuckt sie aus. Und wir haben uns gewundert warum unser Aufstieg so einsam war.

Plaza de Zocodover und weiter zu Kathedrale von Toledo

Spätestens auf der Plaza de Zocodover ist es mit der Einsamkeit in Toledo dann aber endgültig vorbei. Er ist der größte Platz in der Altstadt von Toledo und bildet quasi das Tor zu einer einmaligen Kulisse aus mittelalterlichen Kirchen und Palästen, der großen Kathedrale, dem mächtigen Alcázar und dem weltberühmten jüdischen Viertel von Toledo. Hunderte Menschen aus aller Herren Länder sind hier unterwegs.

Nur einer scheint sich auch hier ein wenig einsam zu fühlen, wie eine in die Zweige der Bäume gehängte Anzeige beweist.

Vom Plaza de Zocodover irren wir ein wenig durch die Gassen und engen Straßen. Wir sind auf der Suche nach der Catedral de Santa Maria, der Kathedrale von Toledo. Eigentlich sollte Sie aufgrund ihrer Größe kaum zu übersehen sein. Aber die Altstadt von Toledo ist von hier unten kaum zu überblicken. Hohe Häuser säumen die engen Gassen und geben nur selten einen Blick in die weitere Umgebung frei. Auf unseren Weg ergeben sich aber manche interessante Perspektiven und Motive.

Ein der seltenen Blicke der weiter als bis auf die andere Straßenseite reicht, weißt uns dann doch die Richtung zur Kathedrale und kurz darauf stehen wir vor dem berühmten „Löwentor“.

Catedral de Santa Maria Toledo

Bevor wir die Catedral de Santa Maria durch die Puerta de los Leones – dem Löwentor – betreten können, gilt es genau gegenüber auf der anderen Straßenseite die Eintrittskarten zu erwerben. Natürlich nehmen wir auch gern den im Eintrittspreis enthaltene Audioguide in Anspruch. Er wird uns die nächsten Stunden durch die Kathedrale von Toledo begleiten.

Ist die Catedral de Santa Maria von außen bei weitem nicht so groß und prächtig wie ihre Schwestern in Sevilla und Burgos, so komplettiert die doch die Reihe der „Großen Drei“ gotischen Kathedralen in Spanien. Als die „Catedral Primada“ nimmt als Hauptkirche Spaniens dabei eine ganz besondere Rolle ein. Sie ist damit das Zentrum des katholischen Glaubens und katholischer Spiritualität in Spanien.

Catedral de Santa Maria – Exterieur

Von außen ist sie in Vergleich zu den großen Kathedralen in Sevilla und Burgos fast ein wenig unscheinbar. Das liegt aber auch daran, dass es hier keinen großen freien Platz gibt, der eine Gesamtansicht die Basilika mit ihren fünf Kirchenschiffen ermöglicht. Nur vom Plaza del Ayuntamiento hat man einen Blick auf das gesamte westliche Portal. Dabei muss man den Kopf aber schon recht weit in den Nacken legen, um auch einen Blick auf die Spitze des 90 Meter hohen Glockenturm werfen zu können. Von allen anderen Seiten rücken die Gassen und Häuser Toldeos ganz dicht an die Kathedrale heran.

Catedral Santa Maria - Toledo
Catedral Santa Maria

Catedral de Santa Maria – Interieur

Nachdem wir die Kathedrale durch das Löwentor betreten haben, stehen wir am südlichen Ende des Querschiffes. Hier bekommen wie erstmals einen Eindruck davon, wie gewaltig die Kathedrale ist. Eine Dimension, die sich von außen nicht erkennen lässt.

Geradezu blicken wir auf die gegenüber liegende Puerta del Reloj, das Uhrentor, über 50 Meter von uns entfernt. Links und rechts erstreckt sich das südliche Seitenschiff über eine Länge von fast 90 Metern. Nach Osten hin geht es den Trasaltar über und umschließt so die Hauptkapelle im Zentrum der Kirche. Wir drehen uns um und können so noch einen Blick auf die üppige Gestaltung des Löwentores von innen werfen. Gekrönt wird diese Ensemble von einer beeindruckenden Fensterrosette. Von dort oben fällt ein weiches Licht in den Innenraum.

Hauptaltar und Chor

Schon stehen wir unter der Vierung und befinden uns zwischen der Capilla Mayor und dem Coro. Die Hauptkapelle wird von einem großen wandfüllenden Retabel beherrscht. In fünf Zügen erstreckt es sich über fünf Etagen. Im mittleren Zug finden wir unten die Jungfrau Maria mit Ihrem Kind, beide sind gekrönt haben wohl schon den Himmel erreicht. Darüber ein prächtiger und sehr filigran gestalteter Tabernakel, dem sich weiter oben die Szene der Geburt Christi im Stall zu Bethlehem anschließt.
Ganz oben erhebt sich über alle Züge die Darstellung des Leidensweges Christi.

Gleich gegenüber der Capilla Major befindet sich der Chor. Anders als in Sevilla oder Burgos, wo sich der Chor hinter monumentalen Gittern verbirgt, kann der Chor der Catedral de Santa Maria in Toledo begangen werden. Er ist sehr schön und lädt zum Entdecken, Staunen und Bewundern ein. Gleich am Eingang begrüßt uns auch hier Maria mit Ihrem Kind. Für mich die schönste und anmutigste Plastik der ganzen Kathedrale.

Maria - Chor- Kathedrale Toledo
Maria mit dem Kind

Sie lädt uns ein, diesem besonderen Raum weiter zu erkunden. Die spirituelle Zentrum der der Chorherren ist prächtig und vielfältig gestaltet. Einiges von dem was wir entdecken konnten seht ihr hier.

El Transparente

Neben dem Retabel in der Capilla Mayor ist El Transparente wohl das komplexeste Kunstwerk in der Kathedrale von Toldeo. Seine Name verdankt es einem besonderen Lichtkonzept. Über dem gewaltigen barocken Altaraufsatz ist hoch oben die Decke des Wandelganges kunstvoll durchbrochen. Von außen bricht sich durch ein nach Süden ausgerichtetes Fenster das Sonnenlicht seine Weg. Es lässt gerade den oberen Teil des Retabels erstrahlen. Ein Öffnung im Retabel selbst das lässt Licht auch auf die Rückseite Tabernakels im Altarbild der Capilla Mayor scheinen.

El Transparente bildet ein barockes Wunderwerk aus Stuck, Malerei, Bronzeguss und mehrfarbigem Marmor. Es ist ein Meisterwerk der barocken Mischtechnik. Ganz unten wieder Maria mit ihrem Kind. Darüber eine große Monstranz deren Strahlen durchwirkt sind mit einer reich gestalteten Skulpturengruppen. Uns begegnen fantastische Figuren, Engel und manches andere Schmuckwerk.

Weitere Kapellen in der Kathedrale von Toledo

Wie in den anderen gotischen Kathedralen in Spanien finden sich in den äußeren nördlichen und südlichen Seitenschiffen sowie in den Apsiden am östlichen Ende der Kathedrale eine Reihe von weiteren Kapellen. Alle habe ein interessante Geschichte, sind sie doch Heiligen oder besonderen Stiftern gewidmet. Hier folgt eine kleine Auswahl.

Kapitelsaal

Der Kapitelsaal ist wohl der farbenprächtigste Raum der Kathedrale von Toledo. Man erreicht ihn von Wandelgang hinter der Hauptkapelle. Zunächst durchschreitet man ein schönes Portal. Auch dort finden wir Maria mit dem Kind, diesmal oben über der Pforte. Der Durchgang führt uns in den Antesala, einer Art Vorhalle zum Kapitelsaal. Prachtvolle Schränke und Kabinette mit reicht geschnitzten Paneelen sind hier zu finden. Über uns finden wir eine besonders schöne Artesonado-Decke. Reiche Dekoration im Mudéjar-Stil schmücken das Portal, dass in den eigentlichen Kapitelsaal führt.

Von dort aus erreicht man den äußerst farbenfroh gestalteten Kapitelsaal. Über uns erstrahlt eine prächtige Artesonado-Kassettendecke. Darunter im oberen Teil der Wände die großen farbig leuchtende Fresken mit unterschiedlichsten biblischen Motiven.

An der östlichen Wand die Kreuzigung Jesu, die Trauer der Gottesmutter und die Auferstehung Jesu. Himmel und Hölle ringen an der westlichen Wand miteinander, während Jesu in den Himmel auffährt. An den Längswänden finden wir u.a. Szenen mit Marien Himmelfahrt oder den Besuch Marias bei Ihrer Cousine Elisabeth. Der den Raum vollständig umschließende Fries ist ein Feuerwerk der Malerei der späten spanischen Renaissance.

Darunter finden sich in zwei Reihen übereinander die Porträts der Bischöfe von Toledo, beginnend mit Sankt Eugen. Der Legende nach war er der erste Erzbischof von Toledo und soll der Legende nach dem Grundstein für die Kathedrale gelegt haben.

Für die Prälaten befindet sich unten eine Bank, die den Kapitelsaal fast vollständig umläuft. Sie wir nur vom Durchgang in den Antesala und an der Ostseite des Raumes unterbrochen. Dort steht der dem Bischof vorbehaltene Stuhl, ein reich geschmückter Ehrenplatz.

Sakristei

In der Sakristei und deren Nebenräumen ist eine weitere „Schatzkammer“ der Kathedrale von Toledo zu finden. Dort befindet sich das Museum der Catedral de Santa Maria. Blickfang im großen Saal der Sakristei das monumentale Gemälde „Die Entkleidung Christi“ von El Greco. Das scharlachrote Gewand Jesu leuchtet wie ein Fanal in dem großen Raum. Über uns erhebt sich ein im Stil des Barock prächtig bemaltes Tonnengewölbe.

Im Nebenraum, dem ehemaligen Ankleidezimmer finden sich weitere Kleinodien in Plastik, Bild und Buch.


Kapelle der Erscheinung der Jungfrau Maria

Im nördlichen Seitenschiff finden wir die Capilla de la Descensión. Sie ist ein ganz besonderer Ort in der Kathedrale. Hier soll sich am Morgen des Himmelfahrtsfestes 655 Unerhörtes zugetragen haben. Als der Bischof mit seinen Gefolge die damalige westgotische Basilika betrat, war dort die Jungfrau Maria erschienen. Die Kirche war hell erleuchtet und Maria überreichte dem Bischof Ildefons ein kostbares Gewand.

Seitdem befindet sich dort der Ursprung der Marienverehrung in Toledo, die später den spirituellen Rahmen für den Bau der großen Kathedrale gab.

Das Relief auf dem Altaraufsatz stellt die Szene der Erscheinung der Jungfrau Maria an diesem Ort dar. Im Zentrum der kniende Ildefons, der von Maria das Gewand empfängt. Rechts am Altar fast unscheinbar ein schlichtes Reliquiar mit dem Stein auf dem Marie während ihrer Erscheinung stand.

Die Schatzkapelle

Nur wenige Meter weiter hat sich vor einem prächtigen Portal an der westliche Seite der Kathedrale eine kleine Schlage von Besuchern gebildet. Sie brennen darauf endlich die Schatzkapelle betreten zu dürfen, die gerade von einer Reisegruppe belegt ist.

Wir reihen uns ein und nach ein wenig Wartezeit können wir diese Kapelle betreten. Nur ein einziges Objekt ist dort zu besichtigen – die große Monstranz von Arfe. Sie ist auch als La Gran Ostensoria de Toledo bekannt. Alljährlich zum Fronleichnamsfest wird sie aus ihrer Vitrine geholt bildet einen der Höhepunkte der festlichen Prozession durch Toledo.

Der Meister, der dieses Wunderwerk aus Gold, Silber und Edelsteinen von 1517 bis 1524 erschuf, ist bekannt. Es war Heinrich Harff. Er stammte aus der Gegend von Köln. So sehen wir hier auch ein Stück deutscher Handwerkskunst. Dabei ist dem Meister ein wahrer Triumph der Goldschmiedekunst gelungen.

Die Monstranz hat die Form eines gotischen Tempels und wird von silbernen Engeln mit goldenen Kleidern getragen. Fantasievoll türmen sich Säulen, Bögen, Gewölbe und Baldachine zu einen über drei Meter hohen Gesamtkunstwerk auf. Bevölkert wird er Tempel von unzähligen biblischen Figuren die meist in Silber aber auch in Gold oder Emaile gearbeitet sind. Neben den Farbtupfern, die hier und die die Emaile-Figuren setzen, sind es viele, viele Edelsteine, die der Monstranz eine bunte Farbigkeit auf golden Grund verleihen.

Kreuzgang

Nördlich an die Basilika angebaut befinden sich der große Kreuzgang. Unter dem kühlen Schatten der mächtigen Kreuzgewölbe schlendern wir rund um einen schön angelegten mediterranen Orangengarten. Die Wände des Kreuzgangs sind zum Teil mit großen Fresken bemalt.

Sankt Blasius-Kapelle

An der nordöstlichen Ecke finden wir die Kapelle des heiligen Sankt Blasius. Sie setzt einen letzten Höhepunkt in Sachen der künstlerischen Gestaltung der Kathedrale. Dabei ist auffällig, dass die wunderbaren Fresken nur teilweise erhalten sind. Das liegt daran, dass wir uns dort in gewisse Weise unter der Erde befinden. Der Boden der Kapelle lieg immerhin 23 Meter unterhalb des Niveaus der Straße Hombre de Palo befinden, die an der nördlichen Wand der Kapelle entlangführt.

Erzbischof Tenorio auf den die Kapelle zurückgeht und die er 1399 noch weihen konnte, ließ die das umgebende Gelände mit Erreich auffüllen. Wollte er so den Zweck der Kapelle aus Grabstelle unterstreichen? Oder war es einfach erforderlich die Kapelle an dieser Stelle in das geologische Relief des Bauplatzes einzupassen? Wie dem auch sei, diese Maßnahme hatte weiterreichende Folgen für die nächsten 700 Jahre.

Ständige Probleme mit starker Feuchtigkeit in den Wänden setzen den wertvollen Fresken stark zu. Unsachgemäße Restaurationen über die Jahrhunderte hinweg taten ihr Übriges. Gerade die Ausmalungen in den unteren Teilen Wände litten stark und waren schließlich nicht mehr zu retten.

Erst am Anfang des 21. Jahrhunderts standen Mittel im Methoden bereit, die Kapelle von Grund auf und nachhaltig zu sanieren. So erstrahlen der obere Teile der Wände und das prächtige Sterngewölbe heute wieder in ihrem damaligen farbenprächtigen Glanz. Und es gelang die eigentliche Ursache des Dilemmas zu beseitigen. Das Eindringen des Wassers von der draußen gelegenen Straße Hombre de Palo konnte unterbunden werden.

Zurück in der Basilika verschaffen wir uns vom inneren Westportal letztmalig einen Überblick über die Kathedrale. Dort steht man etwas erhöht und hat einen großartigen Blick in Richtung des Chores und weiter über die Hauptkapelle bis hin zu den farbigen oberen Fenstern an der Ostseite der Kathedrale von Toledo.

Blick vom Westportal - Kathedrale von Toledo
Blick vom Westportal

Durch das Jüdische Viertel von Toledo

Wir verlassen die Kathedrale von Toledo durch das Löwentor. Einmal müssen wir noch kurz in den Museumsshop gegenüber. Dort geben wir unsere Audioguides wieder ab. Sie haben uns gut geführt und waren ein wertvoller Begleiter. Für alle die nun eine Ruhepause brauchen, lädt dort auch ein kleines Café zu einer Rast ein.

Wir aber wollen weiter und sind wieder in den Gassen von Toledo unterwegs. Es ist jetzt 13:40 Uhr und der Spätsommer in Toledo gibt sich alle Mühe die Temperatur im Schatten auf über 30 °C ansteigen zu lassen. Daher besorgen wir uns in einem der kleinen Shops am Wegesrand eine kühle Flasche Wasser. Dort zwischen der Calle Trinidad und dem Camino el Salvador gibt es auch einen Platz, der ein wenig Schatten und einen Sitzgelegenheit für ein kleine Rast bietet.

Dann reihen wir uns wieder in die Touristenströme ein, die Toledo wie in einer kleinen Völkerwanderung durchziehen. Dieser Strom aus Menschen aller Herren Länder scheint heutzutage das wahre Lebenselixier dieser alten Stadt zu sein.

Nach weiteren ca. 200 Metern haben wir das alte jüdische Viertel von Toledo erreicht. Es geht nun durch enge Gassen wieder bergab. Das jüdischen Viertel erstreckt sich über den westlichen Abhang des Berges auf dem Toledo errichtet wurden.

Zwischen der historischen Puente San Martin die den Rio Tajo überspannt bis hinauf zur heutigen Iglesia Santo Tomé lag einst eine der größten jüdischen Gemeinden auf der iberischen Halbinsel. Ihre Blütezeit erlebte die Gemeinde unter der maurischen Herrschaft, zu Zeiten von Al Andalus. Allein die Tatsache, dass dort zu damaliger Zeit zehn Synagogen existierten, zeigt wir reich das Leben der jüdischen Gemeinden einst gewesen sein muss.

Juden in Toledo und Spanien

Die Mauren waren gegenüber anderen Religionen tolerant. Zwar ging es auch dabei nicht immer friedlich zu. Die Juden und Christen hatten den Mauren Tribut zu zollen und manche Regeln zu beachten. Aber sie konnten ihren Glauben nach ihren Traditionen und Riten frei ausüben.

Mit dieser Tradition brachen nach der Reconquista die neuen katholischen Herren Spaniens. Es kam zu einer zunehmen Diskriminierung der Juden und ersten Pogromen wie 1391 in Sevilla. Viele Juden konvertierten damals zum Christentum. Diese Menschen wurden von der übrigen katholischen Gemeinschaft abfällig als „Converos “ bezeichnet.

Hier in Toledo kam es 1449 zu einer organisierten Rebellion gegen die „Conversos“. Das führte dazu, dass das Statut der Stadt geändert wurde. Alle zum Katholizismus konvertierten Juden und deren Nachfahren wurden von allen städtischen Ämtern ausgeschlossen. Damit war der Grundstein für spanische Politik der „Blutreinheit“ (Limpieza de sangre) gelegt.

Einen traurigen Höhepunkt setzten dann 1492 Ferdinand von Aragon und Isabella von Kastilien mit dem sogenannten Alhambra-Edikt. Es stellte alle Juden, „Conversos“ und „Marranen“ (zum Katholizismus konvertierte Muslime) unter den Generalverdacht der spanischen Inquisition.

Hunderttausende Juden und „Coversos“ verließen daraufhin die Iberische Halbinsel. Dies hatte dramatische Folgen für die wirtschaftliche, kulturelle und demografische Entwicklung Spaniens. Die meisten flohen in das Osmanische Reich. Der damalige Sultan Bayezid II. soll gesagt haben: „Wie töricht sind die spanischen Könige, dass sie ihre besten Bürger ausweisen und ihren ärgsten Feinden überlassen.“

Andere gingen auf den Balkan und mache gelangten bis in das weit entfernte Wien.

Sinagoga del Tránsito und das Museo Sefardi

Bald haben wir den Paseo del Tránsito erreicht. Hier hat man einen tollen Blick auf den Rio Tjao und kann im Schatten der Bäume bei einem Eis am Stiel vom Imbiss an der Ecke noch ein wenig verschnaufen.

Von außen erscheint das Gebäude aus dem 14. Jahrhundert unscheinbar. Von innen begeistert uns die Sinagoga del Tránsito mit ihrem orientalischen Zauber und dem was wir im Museo Sefardi über Geschichte, Glauben und Traditionen den Juden lernen können.

Die große Halle

Gleich hinter der Kasse betreten wir die große Halle. Großartige filigrane Stuckaturen im Mudéjar-Stil zieren die Wände. Über uns eine Artesonado-Decke aus Zedernholz ähnlich der, die wir im Thronsaal im Alcázar von Segovia sehen konnten. Rechter Hand die großartig gestaltete „Heilige Wand“, die auch eine gute Kulisse für eine Szene aus den „Märchen aus tausend und einer Nacht“ hergeben würde.

Diese lokalen künstlerischen Einflüsse der damaligen Zeit sollten uns nicht verwundern. Immer dort wo in der Diaspora Synagogen entstanden, wurden Elemente und Stilmittel der lokalen Kunst und Kultur mit aufgenommen. Vielleicht ist das eines der Geheimnisse, weshalb die jüdischen Gemeinden in den unterschiedlichsten Kulturen Europas und Asiens über die Jahrhunderte sich so erfolgreich wurden.

Die Große Halle diente rituellen Handlungen der Juden und war den Männern vorbehalten.

Museo Sefardi

Von der großen Halle gelangen wir in Räume des Museo Sefardi. Der erste Raum widmet sich den Ursprüngen des Judentums und der jüdischen Lebensart. Im zweiten Raum geht es um die Juden auf der iberischen Halbinsel in römischen und westgotischer Zeit sowie um das „Goldene“ Zeitalter des Judentums zur Zeit von Al-Andalus.
Den Juden in den christlichen spanischen Königreichen ist der dritte Raum vorbehalten.

Vor hier aus erreicht man auch den nördlichen Hof mit einem Gedenkgarten, in dem auch wir ein wenig die Ruhe im Schatten von Bäumen den uns umgebenen begrünten Mauern finden.

Weiter geht der Rundgang über den östlichen Hof. Hier kann man einige Ergebnisse von Ausgrabungen bewundern, die Anfang des 20. Jahrhunderts durchgeführt wurden. So kann man dort einen Blick in historische Kellergewölbe werfen, in denen wohl auch Bäder untergebracht waren, die rituellen Reinigungen dienten.

Ausgrabung - Sinagoga del Tránsito Toeldo
Ausgrabung – Sinagoga del Tránsito

Galerie der Frauen

Galerie der Frauen - Sinagoga del Tránsito Toledo
Galerie der Frauen

Vom östlichen Hof führt eine Treppe hinauf zur Galerie der Frauen. Von dort oben konnten die Frauen und Kinder die rituellen Handlungen in der großen Halle beobachten. Die einmalig schönen Wandverzierungen im oberen Teil der Halle kann man von dort aus der Nähe bewundern.

Die Galerie selbst ist einst ebenfalls reicht dekoriert gewesen. Heute sind allerdings nur noch Fragmente dieser ausgezeichneten Handwerkskunst erhalten.

Neben der Präsentation von Schmuck- und Gebrauchsgegenständen finden wir in diesem Raum eine Ausstellung zur sefardischen Sprache die ihren Ursprung und Spanien hatte und von den Juden hier bis 1492 gesprochen wurde.

Noch ein wenig Toledo

Wir verlassen die Sinagoga del Tránsito und sind um Einiges an Eindrücken und Wissen reicher. Es wird nun Zeit für uns Toledo zu verlassen. So schlendern wir gegen 16:00 Uhr wieder durch Toledo unserem Auto entgegen.

Die Zahl der Besucher, die die Straßen der Altstadt beleben scheint noch nicht abgenommen zu haben. Noch immer tummeln sich zahlreich die Touristen auf den Gassen, Straßen und Plätzen.

Beim Abstieg hinunter zum Rio Tajo stellen wir uns eine wenig schlauer an als heute Vormittag beim Aufstieg. Mit unseren nun müden Füßen nutzen wir gerne die Rolltreppe, die uns hinunter bringt.

Abschied von Toledo
Abschied von Toledo

Consuegra

Obwohl es schon recht spät ist möchten wir heute noch einen weiteren Ort besuchen. Er ist ähnlich wie Toledo ein Klischee für alles was wir bisher mit Spanien verbunden haben.

So starten wir kurz nach 17:00 Uhr den Motor unseres Wohnmobils und machen und auf den Weg nach Süden. Es liegen nur gute 60 Kilometer auf gut ausgebauter Straße vor uns. So brauchen wir nur eine halbe Stunde, um Consuegra zu erreichen. Das Nest mitten in der La Mancha hätte nicht viel zu bieten, wenn da nicht ein Berg mit einerBurg und 12 Windmühlen wären.

Rosinante

Das an sich wäre das hier im südlichen Kastilien noch nichts Besonderes, wenn es da nicht ein Stück Weltliteratur gäbe. Die wohl berühmteste Szene aus Cervantes „Don Quijote“ soll sich just in Consuegra abgespielt haben. Hier soll der „Ritter von der traurigen Gestalt“ auf seinem Schlachtross „Rosinante“ dem Windmühlen als vermeintliche Riesen entgegen gestürmt sein.

Wenn ich mir die Örtlichkeit allerdings genauer betrachte kommen mir starke Zweifel am Wahrheitsgehalt dieser Legende. Der Fitnesszustand von Rosinante wird in dem Roman ja alles Andere als glänzend beschrieben. Sie glich wohl eher einem altersschwachen Klepper als einem stolzen Schlachtross. Ihr Name leitet sich immerhin vom spanischen „rocín“ ab. Das bedeutet soviel wie „Gaul“ oder „Klepper“.

Das Ziel des tollkühnen Angriffes, jene Windmühlen eben, stehen in Consuegra auf einem Bergsporn, der sich gut 100 Meter hoch über der Ebene erhebt. Kaum zu glauben, dass die alte „Rosinante“ mit dem in schwerem Blech gekleideten Ritter im gestreckten Galopp die steilen Hänge des Berges erstürmen konnte. Eher hätte sie sich wohl am kühlen Ufer der nahe gelegenen Rio Amarguillo niedergelassen und den Ritter Ritter und die Mühlen Mühlen sein lassen.

Vielleicht konkurrieren deshalb zwei weitere Orte in der Nähe um den literarischen Ruhm, den Consuegra für die beansprucht: das nahe gelegene Campo de Criptana und das etwas weiter entfernte Mota del Cuervo. In beiden Fällen hätte Rosinante besser Chancen gehabt den Angriff unbeschadet zu überstehen.

Trotzdem ist der Berg Cerro Claderico mit der Burg und den 12 Windmühlen auf seinem Bergrücken ein ganz besonderer Ort. Schön ist es, dass wir so spät am Tag hier ankommen. Nur noch wenige Besucher sind mit uns hier. Das Licht des späten Nachmittages hat irgendwie eine besondere Farbe. Wir können viele Kilometer weit über die Ebene blicken und verstehen ein wenig was „La Mancha“ hier mitten in Spanien bedeutet.

Bis nach Torralba de Calatravia

Nun gilt es einen Platz für die kommende Nacht zu finden. Hierzu machen wir und von Consuegra auf in Richtung in Richtung Süden und später auf der A-43 Richtung Südwesten. Damit kommen wir unserem nächsten großen Ziel Cordoba ein wenig entgegen. Bei der Ausfahrt 15 der A-43 finden wir dann am südlichen Stadtrand von Torralba de Calatrava einen vorbildlichen Stellplatz wie man ihn sich für eine Nacht besser nicht vorstellen kann. Nach der Autobahn und trotzdem ruhig gelegen. Alles scheinen neu zu sein und außer WLAN ist hier nicht zu vermissen. Am besten aber, alles ist hier kostenfrei – der Stellplatz, der Stromanschluss, die Versorgung mit Trinkwasser und die Entsorgung von Kassetten-Toilette und Grauwasser. Besser konnte der Tag nicht enden.

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