Segovia, die alte kastilische Königsstadt wird uns heute in ihren Bann ziehen. Das große Aquädukt als Relikt aus römischer Zeit, die verwinkelte Altstadt mit ihren hochherrschaftlichen Häusern und natürliche der Alcázar de Segovia werden und begeistern. Vorher gilt es aber einen komplizierten Start in Pedraza zu meistern. Von Segovia geht es dann noch weiter über die Sierra Guadarrama und vorbei an Madrid bis in den Nähe von Toledo.
Aufbruch in Pedraza mit Schwierigkeiten
Wir sind heute am 09. September 2019 recht früh auf den Beinen. Vielleicht liegt es daran, dass wir die letzte Nacht nur streckenweise gut schlafen konnten. Mitten in der Nacht stimmte der Chor im Hundezwinger gleich an der Stadtmauer ein ohrenbetäubendes Geheule und Gekläffe an. Wir fragten uns was die Tiere in der Nacht so außer Rand und Band geraten ließ. Vielleicht hat es mit dem heute Vormittag anstehenden Stierkampf in Pedraza zu tun. Wurden in der Nacht die armen Kreaturen angeliefert, die in dem makabren Schauspiel am heutigen Vormittag zur Begeisterung des Publikums in die Arena getrieben werden. Haben die Hunde dies gewittert und deshalb ihren „Gesang“ angestimmt?
So sind wir schon gegen 07:00 Uhr auf den Beinen und beobachten wie die aufgehende Sonne die Farbstimmung über Pedraza langsam vom kühlen Blau in ein warmes leuchtendes Gelb verwandelt.
Eine kleine Invasion
Nach dem Frühstück wird es um uns herum plötzlich sehr lebhaft. Standen wir bis jetzt hier ganz allein, fast ein wenig einsam, rollt nun Auto für Auto heran. In der nächsten halben Stunde werden es hunderte PKWs sein, die über den großen Parkplatz unten am Viadukt und die Feldwege ringsum herfallen. Jede befahrbare Fläche in der näheren Umgebung wird plötzlich als Parkplatz genutzt.
Meist sind es Herren „im besten Alter“ die den Karossen entsteigen, und meist sind sie ohne Begleitung. Nur hin und wieder ist eine Clique junger Menschen darunter, die gemischten Geschlechtes ist. Sollte den älteren Herren dann doch einmal die Dame des Hauses begleiten, so tritt diese in Freizeitkleidung von namhaften Markenherstellern und drapiert mit durchaus auffälligen Schmuckstücken an. Der Herr muss schon zeigen was man hat, so zumindest war unser Eindruck.
Das Ziel der nun einsetzenden Völkerwanderung ist die Plaza Mayor in Pedraza, die temporäre Stierkampfarena oben im Ort. Mit dieser Veranstaltung haben wir so gar nichts am Hut. Grund genug für uns schnell von hier aufzubrechen.
An der Rampe in Schwierigkeiten
Unser Aufbruch gestaltet sich jedoch schwierig. Ausparken können wir noch recht einfach. Am Ende des Parkplatzes jedoch müssen wir eine steile Rampe hinauf. Die ist nicht lang aber recht steil. Zwar geht es nur fünf Meter hinauf. Dafür hat man aber nur knappe 28 Meter Wegstrecke. Das sind gut und gerne 18% Steigung. Das würde ich gerne mit ein wenig Schwung angehen.
Die Rampe selbst ist aber nur noch ein schmaler Weg, da er inzwischen von Autos hoffnungslos zugeparkt ist. An der Zufahrt zur Rampe, wo noch eine 90-Grad-Kurve zu meistern ist bevor es nach oben geht, sieht es nicht besser aus. Also kein Schwung holen! Wir gehen die Sache doch lieber langsam an. Und kommt wie es kommen musste. Auf Hälfte des Weges nach oben geht unserem Motor die Luft aus. Zu allem Überfluss drängen nun auch noch Autos von oben herab, obwohl hier nun wirklich kein Platz mehr für eine Begegnung im Gegenverkehr ist. Das erste Mal auf unserer langen Reise habe ich das Gefühl, mit der aktuellen Verkehrssituation an meine fahrerischen Grenzen zu stoßen.
Dann greift aber tapfer ein Ordner ein und bereinigt die Situation. Er schickt die nach unten drängenden Fahrzeuge zurück und schafft so genug Platz für uns, um diesem Chaos entfliehen zu können. Uns hilft dann auch der Hill-Holder, der in unserem Auto verbaut ist. Er erleichtert das Anfahren an dem steilen Berg ganz erheblich. So können wir uns unbeschadet auf den Weg Richtung Segovia machen. Auf den ersten Kilometern kommen uns noch ganze Kolonnen von Autos entgegen, die sich offenbar alle auf den Weg nach Pedraza gemacht haben.
Die Fahrt nach Segovia
Bald erreichen wir wieder die N-110, die uns nun auf fast gerader Strecke in Richtung Westen nach Segovia bringen wird. Hoer erkennen wir nochmal deutlich wir gewaltig weit die Landschaft hier ist. Nach Norden und Westen können wir bis zum Horizont sehen, ohne dass Berge oder Silhouetten von Burgen, Städten oder Dörfern den Blick verstellen. Hier oben auf über 1.100 Metern über dem Meer und mitten auf der iberischen Halbinsel scheint ein eher kontinentales Klima zu herrschen. Deshalb finden wir hier eine karge Landschaft, die von Niederschlägen wohl nicht verwöhnt ist. Trotzdem schienen die Rinderzucht und der Anbau von Oliven in bescheidenden Maß zu funktionieren.
Segovia
Gegen 10:00 Uhr erreichen wir Segovia und finden einen Parkplatz in der Avenida de la Vía Roma. Von hier aus sind es nur wenige hundert Meter bis in die Altstadt. Das ist ganz wunderbar. Am Parkscheinautomaten werden wir aber herb enttäuscht. Mehr als 90 Minuten Parkzeit sind hier nicht drin. Dennoch beschließen wir die Erkundung von Segovia von hier aus zu beginnen. Vielleicht finden wir auf unseren Weg ja noch einen alternative Möglichkeit zum Parken.
Segovia ist nicht irgendeine beliebige Stadt in Spanien. Immer wieder war sie Residenz der kastilischen und spanischen Könige. Unser Reiseführer schwärmt:
Auf engsten Raum ballt … sich zusammen, was Kastilien so schön macht: hochherrschaftliche Häuser, malerische Gassen, großartige Kirchen, eine stolze Burg; dazu kommen noch die Ausblicke von der Stadt in die karge Hochebene und auf die Sierra Guadarrama
Baedecker Spanien, 16. Auflage Seite 616
Nicht umsonst also steht die gesamte Altstadt von Segovia auf der Welterbeliste der UNESCO.
Die Altstadt liegt auf einen Bergsporn, der 100 Meter aus der Landschaft herausragt. Dort geht es jetzt hinauf.
Das Aquädukt von Segovia
Am Rand der Altstadt von Segovia fällt natürlich als erstes das gewaltige Aquädukt ins Auge. Es ist 728 Meter lang und reicht 28 Meter in die Höhe. Die 118 Bögen scheinen, als ob sie ohne jeden Mörtel aufeinandergeschichtet wurden. Dieser Eindruck täuscht jedoch. In den Türmen gibt es einen Kern der aus kleinen Geröllsteinen und Mörtel. Erstaunlich ist, dass das aus dem 1. Jahrhundert nach Christi stammende Aquädukt bis 1974 seinem ursprüngliche Zweck diente und Altstadt von Segovia mit Wasser aus dem 18 Kilometer entfernten Rio Frio versorgte.
Das Viadukt steht gemeinsam mit der Altstadt von Segovia auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbes in das wir nun schnellen Schrittes eilen müssen. In weniger als 70 Minuten wird unsere Parkuhr abgelaufen sein.
Durch die Altstadt von Segovia
Vom Plaza del Azoguejo gleich hinter dem Aquädukt führt eine Fußgängerzone über die Calle Cervantes und die Calle de Juan Bravo hinauf zum großen Plaza Mayor. Auf dem Weg kommen wir nicht nur an zahllosen kleinen Geschäften, Bars und Restaurants vorbei.
Wir lernen auch Juan Bravo kennen, geboren in Segovia, grüßt er mit wehender Fahne von seinem Denkmal. Er war im Jahr 1520 einer der Anführer des Aufstandes der Comuneros. Durch hohe Steuerlasten und von Trockenheit und Missernten gepeinigt, erhoben sich Teile der Bevölkerung im damaligen Kastilien ihren König. Wir so oft in solchen Fällen (siehe auch den Deutschen Bauernkrieg) scheiterten die Comuneros. In der Schlacht von Villalar ca. 100 Kilometer nordwestlich von Segovia wurden die Aufständischen von den Königlichen Truppen vernichtend geschlagen. Juan Bravo wurde gefangen genommen und hingerichtet.
Auf dem Weg liegt auch die eher romanisch gehaltene Iglesia de San Martin. Auffällig an ihr ist der Glockenturm, der sich in einer Mischung aus Romanik und Mudéjar-Stil über das Kirchenschiff erhebt. Auch der Galerie mit den Säulen und ihren romanischen Kapitellen, die die Kirche an drei Seiten umschließt ist sehr sehenswert.
Plaza Mayor Segovia
Dann erreichen wir den großen Plaza Mayor. Prächtige Bauten in den sich manches Restaurant angesiedelt hat, rahmen den Platz ein. In der Mitte ein Pavillon aus prächtigen Schmiedearbeiten und am Rand „El Adelantado“. Ein Kiosk an dem nicht nur der Tourist alles findet, um die nächsten Stunden in spanischer Hitze überleben zu können.
Weiter in Richtung Alcázar de Segovia
Gleich nebenan steht die große Kathedrale von Segovia. In Ihren Ausmaßen und ihrem Rang nicht mit der Kathedrale von Burgos vergleichbar, macht sie aber dort neben dem Plaza Mayor eine besonders gute Figur. Da unsere Zeit knapp ist, verzichten wir darauf die Kathedrale näher zu erkundigen. Über die Calle de Daoíz und vorbei an der Iglesia de San Andreas kommen wir zum parkartigen Plaza de Reina Victoria Eugenia. Gleich dahinter steht das eigentliche Ziel unserer Erkundung, der Alcázar de Segovia.
In Sachen parken mit dem Wohnmobil hat unser kleiner Streifzug durch Segovia bisher leider keine Alternative zu Tage gebracht. So werfen deshalb wir etwas enttäuscht eine Blick von der Stadtmauer in Richtung Norden. Und siehe da, dort unten bei der Iglesia de la Vera Cruz, der alten Templer-Kirche gibt es scheinbar ausreichend Platz zu parken.
So wenden wir uns schnellen Schrittes wieder hinunter in Richtung unseres Autos. Am Aquädukt nutzt Steffi noch die verbleibende Zeit, um über eine Treppe hinauf zum nördlichen Brückenkopf des Aquädukts zu steigen. Ihre Mühe wird besonders belohnt, da sie auf ihrem Weg Zeugin einer Vernissage wird, die anlässlich der Enthüllung eines eher modern gehaltenen Kunstobjektes stattfindet.
Es ist jetzt 11:30 Uhr und in Kürze werden unsere 90 Minuten Parkzeit abgelaufen sein. Deshalb ist es nun höchste Zeit zum Auto zurückzukehren. Keine Minute zu früh sind wir wieder am Auto. Die Schergen des örtlichen Ordnungsamtes sind schon unterwegs und beäugen interessiert die in den Fahrzeugen ausliegenden Parkscheine. Höchste Zeit das wir hier wegkommen! Laut Bußgeldkatalog werden Parkverstöße in Spanien ab 200 € geahndet. Einen Betrag, den wir uns nicht so leicht aus den Taschen ziehen lassen wollen.
Alcázar Segovia
So fahren wir hinüber zum Parkplatz an der Calle de la Veracruz. Dort auf dem unbefestigten Platz ist der Untergrund etwas abschüssig und sehr holperig, aber wir können hier unbegrenzt und kostenfrei parken.
Von dort aus sind es nur 700 Meter zu Fuß bis zum Alcázar. Der thront nun gewaltig über uns. Vorbei an der Iglesia San Marco und über den Río Eresma erreichen wir die Peseo de San Juan de la Cruz. Dort befindet sich der Einstieg zu einer Treppe die hoch in die Altstadt führt. 207 Stufen gilt des dort zu erklimmen. Deshalb sind stehen wir oben angekommen etwas außer Atem wieder auf dem Plaza de Reina Victoria Eugenia.
Tickets und Audio-Guides für den Alcázar bekommt an auf der anderen Seien des Platzes im Gebäude der ehemaligen königlichen Artillerie-Schule.
Dann steht er vor uns, der Alcázar de Segovia. Über viele Jahrhunderte er immer wieder Residenz kastilischer und spanischer Könige und ist ein vortrefflicher Prototyp altkastilischer Burganlagen. Heute gehört er zu den wichtigsten touristischen Attraktionen Spaniens.
Hinter dem Burgtor erwartet uns und ein enger und verwinkelter Hof. Der Blick nach oben zeigt dort eine dramatische Perspektive auf den Torre Juan II. Hier unten fanden Angreifer in der Enge des Hofes keine Deckung vor den Verteidigern oben auf dem Turm und der Burgmauer. Daher scheint ein weiteres Eindringen in die Burg für die Angreifer unmöglich gewesen zu sein. Das einzige Hindernis für uns ist jedoch nur ein Drehkreuz, dass wir mit unseren Tickets leicht entriegeln können.
Dann stehen wir im sogenannten Waffenhof, dem von Arcaden gesäumten großen östlichen Innenhof der Burg.
Die Prachträume
Bei allem was wir nun in den folgenden Räumen bewundern können, muss man eines beachten. 1862 tobte hier ein Brand, der vieles von dem prachtvollen Interieur stark beschädigte. Deshalb musste auf der Grundlage alter Zeichnungen Ende des 19. Jahrhunderts ein großer Teil der Ausstattung der Prachträume rekonstruiert werden.
Alter Saal, Thronsaal und Galeerensaal
Von Waffenhof aus erreichen wir den Saal der Alten Burg. Standesgemäß werden wir dort von zwei imposanten Rittern in glänzender Rüstung hoch zu Pferde begrüßt. Außerdem gibt es hier mächtige gotische Doppelbogenfenster mit Mittelsäulen aus der ersten Bauphase der Burg und Fragmente alter Wandbemalungen im Mudéjar-Stil zu sehen.
Durch den Kaminsaal führt uns unser Rundgang weiter in den Thronsaal. Dort lohnt sich ein Blick auf den Thron, welcher im Jahr 1808 für einen Besuch des Königs Alfons XIII und seiner Frau Eugenia angefertigt wurde. Die Decke über uns wird von einer prächtigen Arabeske in Form eines Oktogons geschmückt. Die Ornamentik dort oben löst sich, wenn man genau hinschaut, in unzählige Pinienzapfen auf. Vergoldet und auf königsblauen Grund aufgebracht, sind sie mit reichen Ornamenten verwoben. Nicht weniger prächtig sind die sich nach außen hin anschließenden filigranen und zum Teil reich vergoldeten Stuckaturen. Sie füllen den äußeren Rand der Decke und ziehen sich hinunter an die ober Teile der Wände. Dort bilden sie einen verschwenderisch gestalteten Sims.
Vom fast quadratischen Thronsaal gelangt man in den langgestreckten Galeerensaal, dem Sala de la Galera. Schaut man nach oben erkennt man mit ein wenig Phantasie warum der Saal diesen Namen trägt. Die Decke hat die die Form eines umgekehrten Schiffsrumpfes und besteht aus reicht vergoldeten Ornamenten, die ebenfalls stark vom Mudéjar-Stil beeinflusst sind. Gotische Doppelbogenfesten eröffnen einen Blick in die weite karge Landschaft nördlich von Segovia. Die eher romanisch gehaltenen Fenster mit Mittelsäulen gegenüber bilden einen Durchbruch zum „Alten Saal“.
Kiefenzapfensaal, Königlicher Schlafsaal und Saal der Könige
Dem „Galeerensaal“ folgt der „Kiefernzapfensaal“ – der Sala de las Piñas. Ein eigenartiger Name in einem königlichen Palast. Er rührt von der Gestaltung der Artesonado-Decke dieses Raumes her. Sie ist mit 392 vergoldeten Motiven geschmückt, die an Pinienzapfen erinnern.
Durch den königlichen Schlafsaal mit dem kleinen Altar in einer Nische und dem prächtigen Türbogen gelangen wir in den Sala de Reyes.
Der Königssaal ist wohl der prächtigste und größten Raum des Alcázar de Segovia. Den oberen Teil der Wände dieses Saales bildet ein opulent gestalteter Fries, oder besser gesagt eine Galerie. Dort reihen sich in chronologischer Reihenfolge, dem Uhrzeigersinn folgend, 56 Könige von Asturien, Kastilien und Leon aneinander. Darüber erhebt sich eine mächtige Kassettendecke, die dem royalen Geist dieses Raumes alle Ehre macht. Durch die großen Fenster an der Nordseite gelangt viel Licht in den Saal und nach außen ergeben sich wundervolle Aussichten in das Tal des Río Eresma und das dahinter liegende Kernland von Nordkastilien.
Kordelsaal, Hofkapelle und Brunnenterrasse
Vom Königssaal gelangen wir in den Kordelsaal – dem Sala del Cordón. Der seltsam anmutende Name bezieht sich auf ein Detail der Dekoration des Raumes. Der Kordel am Habit der Franziskanermönche nachempfundenen, schließt eine im Stuck gearbeitete Kordel die Deckengestaltung des Saales nach unten hin ab.
Nach rechts geht es von dort aus in die Kapelle der Burg. Der Ort einer königlichen Trauung (Phillipp II. und Anna von Östereich) wird von einem reich gestalteten Altarretabel beherrscht. Im Zentrum von 16 verschiedenen biblischen Motiven steht die Heilige Barbara ihren Attributen Turm und Fackel in den Händen. Eine bessere Heilige konnte man für diesen Ort kaum finden, ist sie doch die Patronin der Festungsbauten, der Artillerie, der Sprengmeister und der Mineure.
Von der Burgkapelle aus sind es nur noch wenig Schritte und wir stehen auf der Terraza del Pozo, der Brunnen-Terrasse. Dreieckig in ihrer Gestalt, schließt sie die Burganlage nach Westen hin wie ein überdimensionaler Schiffsbug ab. Quasi als Galionsfigur thront auf der Spitze diese Bugs ein kleines mit Schieferschindeln gedecktes Wachtürmchen. Darüber drehen gerade großen Greifvögel ihre Runden. Die Hitze dieser frühen Nachmittagsstunde erzeugt offenbar eine gute Thermik, die sich die Greife zu Nutze machen. Die Mauern link uns rechts sind mit Zinnen geschmückt und mitten auf der Terrasse steht der Brunnen der Burg.
Aber nicht nur die Vögel dort hoch oben über dem Turm haben eine gute Aussicht. Auch wir können von der Terraza del Pozo ein wunderbares Panorama genießen, welches sich von Süden über Westen bis nach Norden erstreckt.
Von der Terraza del Pozo schlendern wir zurück in Richtung Eingang zur Burg. Dabei führt und der Rundgang durch den Uhrenhof, den Waffenhof und das Museum der königlichen Artillerie-Schule im Südflügel der Burg.
Torre Juan II
Zum Abschluss wagen wir noch den Aufstieg auf den Torre Juan II. Hierzu sind nochmals an die 90 Stufen zu erklimmen, die durch enge Wendelgänge hinaufführen. Die Mühe lohnt sich bei schönen Wetter aber aus jeden Fall. Die Ausblicke von dort oben sind einfach grandios. Nach Osten über das alte Segovia in dessen Zentrum die mächtige Kathedrale steht. Dahinter erhebt sich nicht weniger gewaltig die Sierra Guadarrama.
Nach Westen hin erschließt sich ein Blick über die Dächer, Türme und Giebel der Burganlage, der weiter bis in die karge Landschaft Kastiliens reicht, die erst am Horizont endet. Die hübschen mit Schiefer gedeckten, kegelförmigen Spitzen der Türme und Türmchen verdanken wir übrigens Phillipp II. Vielleicht hat er dieses architektonische Stilmittel eingebracht, um seiner vierten Ehefrau Anna von Österreich eine wenig heimatliches Ambiente zu schaffen.
Diese runden Schieferspitzen stehen in einem großen, aber gelungenen Kontrast zu den Türmchen die den Torre Juan II. schmücken. Es sind 10 halbrunde mit Zinnen bewehrte Türme, die auf dem mächtigsten Gebäude der Burganlage sitzen. Der Torre Juan II. ist das Wahrzeichen des Alcázar des Segovia.
Wie genießen dort oben noch einige Zeit die Aussichten und machen uns dann an den Abstieg und nehmen Abschied vom Alcázar de Segovia. Nach dem wir die eigentliche Burganlage verlassen haben gehen wir noch hinüber zum Gebäude der alten königlichen Artillerie-Schule. Neben der Kasse und dem Museumsshop gibt es dort auch ein schickes Restaurant. Wir sind wegen des heißen Wetters nahe dem Verdursten und gönnen uns dort eine kühle Limonade und machen uns Gedanken über die weitere Gestaltung des Tages.
Dann steigen wir gemächlich wieder hinab zum Auto und machen uns auf den Weg Richtung Süden.
Über die Sierra Guadarrama
Es soll nun über die Sierra Guadarrama gehen. Der Gebirgszug liegt nördlich von Madrid und trennt Kastilien in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Am Südhang der Sierra solle e in El Boalo eine Stellplatz geben, der in der diversen Stellplatz-Apps in den Bewertung auch recht gut wegkommt. Und er ist von Segovia nicht einmal 50 Kilometer entfernt, so dass wir El Boalo schnell erreichen können. Der Rest des Tages könnten wir das entspannen und einfach mal nichts tun. Mit dieser schönen Aussicht starten wir den Motor und verlassen Segovia.
Vorbei am Sommerpalast der spanischen Könige
Nicht lange geht es zunächst durch die Ebene bevor wir die ersten Ausläufer der Sierra Guadareama erreichen. Hier am nördlichen Hang des Gebirgszuges steht Palacio Real La Granja de San Ildefonso. Wir ringen ein wenig mit uns, ob wir anhalten, um die ehemalige Sommerresidenz der spanischen Könige in Augenschein zu nehmen. Immerhin soll es sich hier um bedeutende Anlage der spanischen Barock mit eine weitläufigen Garten handeln. Das Markenzeichen des Parks sollen ausgezeichnete Brunnenanlagen mit einmaligen Skulpturengruppen von europäischem Rang sein.
Wir entschließen uns aber weiterzufahren. Die Kathedrale in Burgos, Pedraza, die Altstadt von Segovia und der dortige Alcázar in weniger als 28 Stunden haben in uns einen gewissen Overload in Sachen Kunst, Kunstgeschichte und Architektur erzeugt. Es ist an der Zeit unsere Speicher erstmal zu verarbeiten, um neuen Platz zu schaffen.
Hinauf zum Puerto de Navacerrada
So fahren wir weiter hinauf in die herrlich grüne Sierra Guadarrama. Welche ein Kontrast zu den kargen graubraunen Ebenen des nördlichen Kastiliens. Die Sierra Guadarrama ist auch nicht mit den zerklüfteten Picos de Europa zu vergleichen, die wir erst vor zwei Tagen durchquerten.
Gemächlich in lang gezogenen Kehren windet sich die CL-601 hinauf zum Puerto de Navacerrada auf 1.858 Meter über dem Meer. Die Landschaft erinnert uns an wenig an den Thüringer Wald, direkt vor unserer Haustür in Erfurt. Nur oben an der Passhöhe weichen die Bäume. Dort ist uns nicht ganz klar ob wir die natürlich Baumgrenze unter uns gelassen haben, oder ob die Bäume den Pisten des örtlichen Skizentrums zu Opfer gefallen sind.
Das Skigebiet dort oben verfügt über 10 Kilometer Pisten. Die fünf Lift-Anlagen bringen die Freunde des alpinen Wintersports bis auf eine Höhe von 2.174 Metern über dem Meer. Gemeinsam mit dem benachbarten und doppelt so großen Skigebiet Valdesaqui (20 Pistenkilometer und 13 Lifte) sind sie im Winter sicher ein Anziehungspunkt für den schneebegeisterten Hauptstädter. Das Zentrum von Madrid liegt nicht einmal eine Autostunde entfernt.
Nach El Boalo
Für uns geht es vom Puerto de Navacerrada auf der M 601 nach Süden hinab in Richtung Madrid. Bei Navacerrada biegen wir nach Westen ab und durchqueren die offene Landschaft an der Südseite der Sierra Guadarrama, die immer wieder schöne Aussichten nach Süden freigibt. Dann ist El Boalo erreicht. Für uns sind der Ort und der Stellplatz eher eine Enttäuschung. Der Stellplatz ist zwar großzügig angelegt, befindet sich aber fast einsam gelegen am Ortsrand. El Boalo selbst ist ein „zersiedeltes Etwas“ das wohl hauptsächlich in den letzten 50 Jahren entstanden ist. So etwas wie einen interessanten historische Ortskern können wir dort nicht ausmachen.
Vorbei an Madrid
So überlegen wir welchen alternativen Ort wir ansteuern könnten. Die gesuchte Alternative gibt es in der Nähe allerdings nicht. Und da wir morgen ohnehin Toledo besuchen wollen, machen wir uns auf den Weg dorthin. Auf einer der Autobahnen westlich vorbei an Madrid sollen wir gegen 17:30 Uhr dort sein.
Die Fahrt vorbei an Madrid ist alles andere als malerisch. Die Autobahn führt immer wieder mitten durch Industrie-, Gewerbe- und Wohngebiete. Segnungen der Zivilisation überall. Gewerbeparks, Verbrauchermärkte, Hotels, Autohäuser, Speditionen Restaurant und vieles andere mehr säumen die Strecke. Große Werbetafeln, oft weit in den Himmel ragend versuchen die Aufmerksamkeit des Reisenden zu erhaschen und auf unten wartenden Verheißungen hinzuweisen.
Weiter nach Toledo
Wir geben eine wenig mehr Gas als sonst und versuchen schnell in ruhigere Gegenden zu gelangen. Bald ist Toledo erreicht und wir machen uns auf die Suche nach einen Stellplatz. Park4Nights und andere Stellplatz-Apps empfehlen den Platz Rosa Parking am Ufer des Tajo direkt unterhalb der Altstadt. Das wäre von der Lage her für uns ideal. Dort angekommen irritiert uns aber ein Schild Einfahrt, dass Campern bei einer Übernachtung dort ein Bußgeld von 500 Euro androht. Das Schild macht zwar nicht den Eindruck ein offizielles Verkehrs- oder Verbotsschild zu sein. Trotzdem lassen wir und angesichts der recht krassen Sanktion ein wenig einschüchtern und verwerfen diesen Platz als Übernachtungsmöglichkeit für heute.
Nun gilt es einer weitere Alternative zu recherchieren. Die nächst gelegene finden wir auf campercontact.com in Burujón ca. 30 Kilometer westlich von Toledo. Auf dem Weg dorthin lernen wir die Tücken der Navigation via GoogleMaps kennen. Gegenüber unserem Garmin-Navi, welches wir sonst benutzen, scheidet Google nicht besonders gut ab.
Ein wenig über GoogleMaps
Erstens schickt uns Google auf einen 12 Kilometer langen Umweg südlich um Toledo herum. Zweitens ist die Sprachausgabe des Google-Navis wirklich nicht zu ertragen. Ständig haut es uns an jeder Abzweigung unnötiger Weise die spanischen Straßennamen buchstäblich um die Ohren. Und das ist einer recht abgehackten Aussprache. Dabei hilft uns diese Information nicht im Geringsten. Die Ansage in so und so viel Metern in diese oder jenen Richtung abzubiegen, würde vollkommen ausreichen. Absurd wir das Ganze als Google versucht die Nummer der Fernstraßen stimmlich zu interpretieren auf den wir uns nun nach Burujón bewegen. Wir sind auf dem CM-40 und der CM-4000 unterwegs. Die weibliche Google-Stimme macht daraus Folgendes:
„Biegen sie in 500 Meter von der Zentimeter 40 ab auf die Zentimeter 4000. Folgen Sie der Zentimeter 4000 für 20 Kilometer“
GoogleMaps Navigationsdienst Gedächtnisprotokoll
Dabei steht CM für Carretera comarcal, was soviel wie Regionalstraße bedeutet. Soviel zu Stand der künstlichen Intelligenz bei einem der größten Tech-Konzerne der Welt im September 2019
Burujón
In den frühen Abendstunden erreichen wir Burujón. Zuerst denken wir „wo sind wir denn hier gelandet“. Burujón schient uns ein Zentrum der Spanischen Schweineproduktion zu sein. Gerade südlich des Ortes erstrecken sich riesige Mastanlagen. Das Iberische Schwein und die aus ihm fabrizierten leckeren Produkte weckten bei mir bisher immer eine spezielle Assoziation.
Mächtige Tiere unter Hainen von Korkeichen mümmeln zufrieden und schmatzend die leckereren Früchte der Eichen und suhlen sich behaglich in einer der vom letzten Regen hinterlassenen Pfützen. Wenn die Sonne zu hieß wird, zieht sich die glückliche Kreatur in der kühlen Schatten der Bäume zurück und grunzt gelassen, auf der Seite liegend, der nächsten Mahlzeit entgegen.
In meinem Kopf macht es plötzlich „Plopp“ und dieses schönen Bild ist zerplatzt angesichts der Realität. Und ehrlich gesagt will ich mir keine neues, reales Bild machen. Dazu müssten wir in die Schweineställe von Burujón hineinschauen. Das wäre aber sicher kein Spaß.
Das Dorf Burujón scheint zunächst von allen guten Geistern verlassen zu sein. Kaum ein Mensch ist zu sehen, historisch oder architektonische interessante Spuren sind nicht auszumachen. Der Stellplatz ist schnell gefunden. Er liegt am Ortsrand, in der Nähe der Schweineställe. Das Ambiente ringsum schein ein wenig trostlos zu sein.
Aber dann werden wir wirklich überrascht. Dort, an unserem Stellplatz, beginnt eine modern gestaltete Allee, die den westlichen Teil von Burujón von Süden nach Norden durchzieht. Am südlichen Ende, wo wir stehen, befinden sich ein Spielplatz, einige Bänke und Tische sowie eine Sporthalle. Das alles wird in den nächsten Stunden zu dem Bürgertreff von Burujón. Und wir dürfen als Zaungäste mit dabei sein. Das ist ganz wunderbar anzuschauen.
Ein Abend in Burujón
Junge Familien deren Kinder sich in der frühen Abendstunden aus dem Spielplatz austoben, werden von Senioren ablöst, die sich auf den Bänken und an den Tischen zu einem Palaver einfinden. Eine Dame, kurz nach ihren besten Jahren, gesellt sich hinzu. Sie trägt hochhackige Schuhe, ein auffälliges dunkles eng anliegendes Kleid und Makeup in dazu passender Farbe. Die Einkaufstasche einer bekannten Edelboutique rundet ihr Outfit ab. Ohne Scheu gesellt sie sich zu den Senioren und wird freudig begrüßt. Mehr und mehr junge Leute, weiblichen Geschlechts im Sportdress kommen hinzu und mischen sich unter die Gesellschaft. Plötzlich dröhnen markante Beats über den Platz und die jungen Damen in den Sportdresses sind plötzlich verschwunden.
Wir brauchen ein wenig, um zu realisieren, dass die Beats vom Zumba-Kurs herrühren, der gerade in der Sporthalle schräg gegenüber begonnen hat. Für die anwesenden Senioren scheint das der Moment zu sein, den Abend hier zu beenden. Nach und nach verlassen sie den Platz. Eine Stunde später verstummt die Musik aus der Sporthalle. der Zumba-Kurs dort ist nun wohl beendet. Auf dem Platz nebenan scheint der „Bürgertreff“ dieses Abend nun auch beendet zu sein.
Mit dieser Vermutung liegen wir aber nicht ganz richtig. Zu später Sunde fahren noch ein paar Jugendliche vor, die stolz ihre Autos einander präsentieren und bei ein weinig Alkohol einen Klönsnack beginnen.
Wir sind froh als Zaungast, einen Blick auf einen so ganz gewöhnlich Teil des spanischen Lebens werfen dürfen und ziehen uns zufrieden in unserer Wohnmobil zurück.