Sumpf von Breton Vendéen
Das grandiose Schowprogramm von gestern Nacht noch irgendwie in den Ohren packen wir heute morgen unsere Sachen zusammen. Der Aufbruch verzögert sich leider in wenig da, am Euro-Relais zur Ver- und Entsorgung von Wasser und Chemietoilette ein kleiner Stau gebildet hat. Alles in allem ist das in 10 Minuten erledigt. Einige Campingfreunde brauchen aber auch mal 20 Minuten dafür, warum auch immer. Wir können nun aufbrechen. Vielleicht erreichen wir heute noch die Île de Madame.
Wir fahren durch La Barre-de-Monts, gleich hinter dem Ortsausgang an der Brücke über den La Taillée wieder die pittoresken Hütten der Fischer mit Ihren Senknetzen. Der Weg führt dann durch den Sumpf von Breton Vendéen. Wir bleiben ein wenig in dieser interessanten Landschaft und durchqueren sie auf kleinen Straße in Richtung Sallertaine und Challans. Die kleinen Orte die wir passieren muten schon sehr südländisch an. Irgendwie entsprechen Sie meinem Klischee eines spanischen Dorfes mitten in der Mittagshitze.
Weiter nach La Rochelle
Ab Challange nutzen wir dann die schnellen Straßenverbindungen in Richtung La Rochelle und der île de Re, Hierzu braucht es eine ganze Zeit. Immerhin liegen bis dorthin gute 150 Kilometer vor uns. Mit dem Womo ist die Strecke in zwei Stunden kaum zu Schaffen. Am Stadtrand von La Rochelle angekommen, besuchen wir den Carrefour-Markt in Angoulins einem südliche von La Rochelle gelegenen Vorort. Es wir ein richtiges Einkaufserlebnis. Die Vielfalt, Frische, Qualität und die Präsentation der angebotenen Lebensmittel übertrifft den Standard der bei und heimischen Supermärkte bei weitem. Da wir hier die Qual der Wahl haben, wird es auch ein längerer Aufenthalt. Den nehmen wir gerne in Kauf. Wir sind ja schon in unmittelbarer Nähe des für heute anvisierten Stellplatzes am Aytré Plage gleich südlich von La Rochelle.
Leider wird es nichts mit dem Stellplatz den wir unserm ADAC Stellplatzführer von 2015 entnommen hatten. Der Platz ist inzwischen aufgelöst, parken mit dem Womo über Nacht ist dort nun verboten. Auch in der Nähe keine Alternative. Daher nehmen wir noch weitere 45 Kilometer in Angriff um nach Port-de-Barques zu gelangen. Hier soll es einen Stellplatz direkt an der Mole mit Blick aus das Wasser geben.
Île de Madame
Hier angekommen ist auch dieser Stellplatz nicht mehr vorhanden. Dafür hat die Gemeinde eine schöne und schattige Alternative 300 Meter von Strand entfernt geschaffen die wir gerne nutzen, da die Uhr die 17.00 Uhr Marke schon überschritten hat. Wir machen schnell die Fahrräder klar um die direkt von dem Ort gelegene Insel Île de Madame zu erkunden.
Um 17.34 Uhr fahren wir auf der Passe aux Bœufs, dem Ochsenweg, auf die Insel. Der Untergrund des Weges, gespickt mit unzähligen faustgroßen Steinen, macht diesen Teil des Weges zu einer wahren Ochsentour für den Radfahrer. Ich nenne die Zeit, weil diese in der nächsten Stunde eine besondere Bedeutung gewinnen wird.
Auf der Insel angekommen genießen wir den Blick über die Insellandschaft und erkunden das Fort de l’île Madame. Gleich danach äußert Steffi bedenken, ob wir noch trockenen Fußes und Rades das Festland erreichen werden. Der Ochsenweg ist nur bei Ebbe nutzbar und diese scheint nun gerade der Flut zu weichen. So macht sich Steffi auf den sicheren Weg zurück an das Festland.
Ich will jedoch noch den Rest der Insel erkunden, schlage die Bedenken in den Wind und fahre weiter an die Nordwestspitze dieser an sich recht kleinen Insel. Hier stehen malerische Häuser, die scheinbar früher etwas mit der Festung zu tun hatten und nun als Ferienhäuser genutzt werden. Von aus hier führt der Passe des Filles, der Weg der Mädchen geradewegs ins Meer. Bei Ebbe soll man von hier aus Sandbänke erreichen, die ca. 500 Meter draußen im Meer liegen.
Flucht vor der Flut
Da dies gerade nicht möglich ist, der Weg endet nach ca 30 Metern in den Fluten, mache ich mir nun doch Gedanken über die Rolle von Ebbe und Flut und die Möglichkeit meiner Rückkehr an das Festland noch am heutigen Tag. Außerdem würde mich aber auch die Legende interessieren, die einen „Weg der Mädchen“ mitten in den Fluten enden lässt.
Ebbe hin – Flut her: Ich bleibe mutig und nehme nicht den schnellsten Weg zurück aufs Festland. Vielmehr nehme ich den Weg, der direkt an Westküste der Insel entlang führt und werde mit tollen Fotomotiven belohnt. Auch hier wieder diese schönen Fischerhäuschen auf hohen Stelzen mit den großen Senknetzen. Manche sind aber auch nicht mehr trockenen Fußes zu erreichen. Die Flut droht damit nochmals mit nassen Konsequenzen. Nun beuge ich mich und trete kräftig in die Pedale Richtung Festland. Einen Alternative Rückweg via Brücke wie von der Île de Noirmoutier gibt es hier nicht.
Als der Ochsenweg in Sicht kommt denke ich „Oh Schei…“. Irgendwie scheint der Weg schon in den Fluten versunken zu sein. Glücklicher Weise täuschte mit ein wenig der Perspektive. Am Ochsenweg angekommen überspülten erste Wellen den tiefsten Punkt des Weges auf eine Länge von vielleicht 10 Metern. Als ich kurz darauf, diesen nun zur Furt geworden Stelle erreiche, sind es schon 30 Meter. Höchste Zeit auf die andere Seite zu kommen. Trotzdem nehme ich mir die Zeit nochmals anzuhalten und das Schauspiel auf der Nähe abzulichten.
Auf den Festlandsseite endlich angekommen erkenne ich, daß die Schaar der Schaulustigen, die eigentlich das Schauspiel der Überflutung des Ochsenweges beobachten wollten, ob meiner Flucht vor den Fluten ein Grinsen auf dem Gesicht haben. Meine Steffi ist unter ihnen.
Schluss für heute
Wegen des Schreckens leisten wir uns einen Drink in der Bar des Zeltplatzes La Garenne gleich gegenüber. Der Genuß unserer Getränke wird immer wieder von Rückkopplungen der Soundanlage der Band übertönt, die hier wohl den restlichen Abend gestalten wird.
Wir ziehen uns ins Womo zurück und können noch bis früh in den Morgen versöhnlicheren Klängen dieser Kapelle lauschen.