Von Erfurt geht es über den Thüringer Wald in Richtung Süden. Vorbei. an der fränkischen Metropole Würzburg halten wir auf Stuttgart und den Schwarzwald zu, den wir von Ost nach West überqueren um in Breisach am Rhein ein erstes Etappenziel zu erreichen. Es ist der Auftakt zu unserer Sommerreise nach Frankreich und Nordspanien im Juni 2023.
Start in Erfurt
In diesem Jahr werden wir erstmals mit dem eigenen Camper auf große Tour gehen. Eigentlich wollten wir am Samstag, dem 3. Juni 2023, in aller Ruhe aufbrechen. Das meiste an Ausrüstung und Gepäck hatten wir bereits im Laufe der Woche ins Wohnmobil gebracht. Trotzdem mussten vor der Abfahrt noch der Laptop, die Fotoausrüstung, die persönlichen Sachen und einiges mehr aus der Wohnung in den Camper gebracht werden. Doch das war am Samstag nicht möglich. Ein großes Straßenfest vor dem Haus und eine Megabaustelle dahinter verlegten den nächstgelegenen Parkplatz in weite Ferne.
Deshalb entschieden wir uns, die letzten Sachen bereits am Freitag nach Feierabend zu verladen und dann aufzubrechen. Zu dieser Zeit konnten wir noch vor dem Haus parken. Also brachten wir gegen 17:00 Uhr alles ins Auto und besorgten noch Lebensmittel für das Abendbrot und das Frühstück.
So starteten wir am frühen Abend des 2. Juni 2023 und nahmen eine erste, wenn auch sehr kurze Etappe in Angriff. Nach etwa einer halben Stunde Fahrt erreichten wir den Wanderparkplatz am Riechheimer Berg südlich von Erfurt.
Dort blieben wir für eine Nacht und genossen das schöne Panorama. Der Blick reichte vom Thüringer Wald über das Burgenensemble der Drei Gleichen bis in das südliche Thüringer Becken. Ganz links war die markante Kuppel des Singer Berges zu sehen, weit vor dem Kamm des Thüringer Waldes. Weiter rechts, in der Ferne, oben auf dem Kamm des Waldes, erblickten wir die Doppelspitzen des Panorama-Hotels in Oberhof. Noch weiter rechts ragte der mächtige Inselsberg mit der bekannten Funkturmspitze auf.
Weit vor dem Gebirgskamm, fast schon in der Ebene, erhoben sich drei auffällige Kalksteinberge, gekrönt von drei Burgen: die Wachsenburg, die Mühlburg und die Burg Gleichen. Dieses Ensemble gilt als eines der bekanntesten Burgenensembles in Mitteldeutschland. Rechts davon lag der Seeberg, der die alte Residenzstadt Gotha mit ihrem mächtigen Schloss Friedenstein verdeckte. Dann schloss sich das weite Thüringer Becken an. Dahinter zeichneten sich im Dunst schemenhaft die Höhenzüge des Hainichs ab.
Mit der immer tiefer sinkenden Sonne wurde die Landschaft in warmes Licht getaucht. Als sie hinter dem Willrodaer Forst rechts von uns verschwand, begannen unten im Tal tausende Lichter, die Szenerie zu illuminieren.
3. Juni 2023 – bis an den Rhein
Unser Start erfolgte am Riechheimer Berg. Bevor es richtig losging, mussten wir noch frische Lebensmittel für die nächsten Tage besorgen.
Dafür bot sich das Ilmkreiscenter am Stadtrand von Arnstadt an, wo wir die Einkäufe schnell erledigten. Lebensmittel von Aldi sowie Brot und Brötchen von der Bäckereikette Helbig sollten uns über die kommenden Tage versorgen. Beim Tanken an der dort ansässigen BFT-Tankstelle erlebten wir jedoch ein kleines Ärgernis: Als wir auf das Gelände fuhren, wurde der Dieselpreis mit 1,539 € pro Liter angezeigt. Ein guter Preis, wie wir fanden. So tankten wir, ohne genau auf die Preisanzeige an der Zapfsäule zu achten. Beim Bezahlen folgte dann die Überraschung: Der Kassenbon wies 1,589 € pro Liter aus. Wir fühlen uns im schlechtesten Sinne des Wortes “bedient”, zumal uns das bei BFT bereits schon einmal passiert war.
Nach dem Tanken meldete das Display in der Instrumententafel unseres neuen Campers dann auch noch “Motorölstand kontrollieren”. Doch das wollten wir jetzt wirklich nicht. Wir wollten endlich los und taten das auch.
Über den Thüringer Wald
Nicht weit entfernt fuhren wir an der Ausfahrt Arnstadt-Süd auf die A71. Unsere Route führte uns nach Süden, vorbei an Ilmenau und über die Brücken über die Täler des Reichenbachs und der Zahmen Gera. Immer näher rückte das Gebirge heran, bis es uns förmlich verschluckte. Wir durchquerten die Tunnel Alte Burg, den Rennsteigtunnel, den Tunnel Hochwald und den Tunnel Berg Bock, und führen quasi unter dem Thüringer Wald hindurch. Diese Trasse nach Süden, die wir seit ihrer Eröffnung im Jahr 2003 zu schätzen gelernt haben, machte die Fahrt angenehm. Hinter den Tunneln ging es dann etwas langsamer voran, da die Strecke wegen einer Baustelle auf einige Kilometer nur noch zweispurig befahrbar war. Nach 20 Jahren Betrieb war wohl eine neue Fahrbahndecke fällig.
Rechts von uns erhob sich ein markanter Berg: der Dolmar. Eigentlich gehört er nicht in diese Region, denn er ist der Rest eines erloschenen Vulkans, der geologisch zur Rhön zählt. Normalerweise befinden sich diese alten Vulkane auf der anderen Seite des Werratals, das wir wenige Kilometer weiter überquerten. Anschließend fuhren wir durch den Tunnel Eichelberg und ließen Thüringen hinter uns.
Vorbei an Schweinfurth und Würzburg
Spätestens hier kam Urlaubsstimmung auf. Wir blickten über eine unspektakuläre, aber schöne Landschaft. Rechts erhoben sich die Höhenzüge der Rhön, davor erstreckten sich grüne und gelbe Felder. Der Raps war in diesem Jahr noch nicht verblüht. Dazwischen lagen alte Dörfer mit ihren roten Dächern. Wir freuten uns auf den kommenden Monat.
Unsere Route führte uns vorbei an Schweinfurt und Würzburg. Die jahrelange Baustelle auf der A3 bei Würzburg war endlich fertiggestellt, sodass das frühere Nadelöhr zwischen München und Frankfurt beseitigt war. Weiter ging es auf der A81 nach Süden. Wir kamen gut voran, besser als auf der alternativen Strecke über Frankfurt – zumindest war das unser Eindruck. Das lag möglicherweise auch daran, dass es Samstag war und der Berufsverkehr sowie der Lkw-Verkehr die Autobahn nicht so stark belasteten.
Bis an den Schwarzwald
Unsere Strecke führte uns über die Täler von Tauber, Jagst, Kocher und Neckar. Fast im Halbstundentakt lassen wir diese Flüsse hinter uns. Einige der Brücken wurden gerade erneuert, sodass sie nur zur Hälfte befahrbar waren. Trotzdem floss der Verkehr weitgehend reibungslos.
Ab Ludwigsburg und vorbei an Stuttgart wurde der Verkehr dann dichter. Wir blieben auf der A81 zwischen der Schwäbischen Alb und dem Schwarzwald, fuhren vorbei an Villingen-Schwenningen und verließen an der Abfahrt Geisingen die Autobahn. Dann wechselten wir auf die B31, um nach Westen über den Schwarzwald zu gelangen. Bei schönem Wetter ist das immer eine reizvolle Strecke.
Über den Schwarzwald nach Freiburg
Zunächst folgt die Route der offenen Landschaft des noch jungen Donautals und überquert dabei mehrfach den Fluss. Als Ortsumgehung führt sie südlich an Donaueschingen vorbei. Den ersten Ausläufer der Berge unterquert die Straße im Tunnel Döddingen. Danach geht es kontinuierlich bergauf, bis wir an der Ausfahrt Friedenweiler mit 934 Metern über dem Meer den höchsten Punkt der Route über den Schwarzwald erreicht haben. Dabei beginnt der Wald gerade erst.
Bei Neustadt überquert die Straße in fast 100 Metern Höhe auf der Gutach-Talbrücke die Gutach und die Höllentalbahn. Der Blick hinunter auf Neustadt, das sich scheinbar vor uns im ganzen Tal ausbreitet, ist beeindruckend. Schnell geht es weiter vorbei an Titisee und Hinterzarten, bevor wir in drei, vier Kehren vorbei an der Ravennaschlucht hinunter an den Höllenbach fahren. Gemeinsam mit den Gleisen der Höllentalbahn rollen wir nun stetig hinab auf Freiburg zu.
Es ist mittlerweile fast 16:00 Uhr, und nach knapp sechs Stunden im Auto sehnen wir uns nach einem Ende der heutigen Etappe. Die App Park4Night zeigt uns in der Nähe der Ausfahrt Buchenbach einen Stellplatz am Wanglerhof an. Der ist schnell erreicht. Es stellt sich aber heraus, dass es sich eher um einen Abstellplatz für nicht mehr genutzte Wohnwagen handelt. Vielleicht sind es aber auch Dauercamper. Egal wie dem auch sei: Das Umfeld erscheint uns wenig einladend, weshalb wir uns zurück auf die Bundesstraße begeben.
Erfolglose Stellplatzsuche am Kaiserstuhl
Ein Abstecher nach Stegen erweist sich ebenfalls als Fehlversuch. Gegen 16:20 Uhr durchqueren wir Freiburg und versuchen erneut unser Glück in Ihringen am südlichen Kaiserstuhl. Dort soll es einen Stellplatz am Weingut Schweizer geben, was vielversprechend klingt. Also fahren wir auf einer schönen Route durch die Dörfer am südlichen Kaiserstuhl.
Als wir gegen 16:45 Uhr am Weingut Schweizer ankommen stellen wir jedoch fest, dass uns dieser Ort zu modern ist. Wir befinden uns in einem Gewerbegebiet, in dem das Weingut eine moderne Wohn- und Produktionsstätte errichtet hat. Neben einer Halle aus neuzeitlichen Betonelementen sind einige Plätze für Wohnmobile reserviert. Auch dieser Ort spricht uns nicht an. Wir hatten eher auf einen lauschigen Fachwerkhof mit eigener Besenwirtschaft gehofft.
Ankunft in Breisach
Wir beenden die weitere Suche und fahren nach Breisach, hinüber auf die Landzunge zwischen Altrhein und Grand Canal d’Alsace. Dort soll es in einem Park einen Stellplatz direkt am Wasser geben. Doch auch das stellt sich als Irrtum heraus – hier ist das Übernachten mittlerweile verboten.
Als Alternative gibt es an der Hauptstraße einen neu eingerichteten Platz mit wenig Charme. Also fahren wir zurück auf die deutsche Seite und steuern den großen Wohnmobilstellplatz direkt am Rhein an. Dieser ist bereits gut gefüllt, aber in der zweiten und dritten Reihe sind noch ausreichend Plätze vorhanden. So können wir kurz nach 17:00 Uhr und nach 570 Kilometern die Etappe für heute beenden. Die Ölkontrolle hatte sich übrigens nicht noch einmal gemeldet.
Eine kleine Radtour zum Abschluss des Tages
Doch der Tag ist für uns noch nicht vorbei. Bevor wir zu einer kleinen Radtour aufbrechen, muss ich mein Fahrrad warten. Obwohl ich es zum ersten Mal mache, sind die Bremssteine an Vorder- und Hinterrad schnell gewechselt.
Unterhalb des Breisacher Münsterbergs fahren wir in Richtung Rheinuferstraße.

Dort haben zwei Flusskreuzfahrtschiffe festgemacht. Weiter geht es unter der Straßenbrücke hindurch zur Staustufe Breisach. Das mächtige Wehr überspannt fast die gesamte Breite des Altrheins. Nur auf unserer Seite schließt sich an das Wehr eine Schleuse an.
Sie wurde Mitte der 1960er Jahre erbaut und ist mit ihren 67 Metern Länge und 9,05 Metern Breite nicht mehr auf dem neuesten Stand. Für die modernen Flusskreuzfahrtschiffe der Reedereien Viking oder A-Rosa, die deutlich länger als 100 Meter und breiter als 11 Meter sind, ist sie längst zu klein. Diese Schiffe müssen die Schleuse Vogelgrün am parallel zum Altrhein verlaufenden Grand Canal d’Alsace nutzen. Die größere der beiden Kammern dort ist 180 Meter lang und kann Schiffe mit einer Breite von bis zu 22,7 Metern aufnehmen.
Durch die Natur am Altrhein entlang
Nun fahren wir auf dem gut ausgebauten Rheindamm stromaufwärts. Vorbei am Restaurant Rheinpromenade, der Jugendherberge und dem Bootshaus des Breisacher Rudervereins geht es in die Natur. Rechts von uns liegt der breite, kanalisierte Altrhein. Weit vor uns erheben sich die Berge des Schwarzwaldes. Links von uns erstreckt sich ein dichter, kaum durchdringlicher Laubwald.
Bald erreichen wir ein erstes und kurz darauf ein zweites modernes Einlassbauwerk. Mit diesem kann kontrolliert Wasser aus dem Fluss in den Wald zwischen Altrhein und Möhlin geleitet werden – eine Einrichtung, die sowohl dem Hochwasser- als auch dem Naturschutz zugutekommt. Im Falle eines Hochwassers kann ein Teil der Wassermassen in den rein forstwirtschaftlich genutzten Wald umgeleitet werden. Bei Trockenheit steht immer ausreichend Rheinwasser zur Verfügung, um das wertvolle Feuchtgebiet vor einer Austrocknung zu bewahren. Eine Fischtreppe ermöglicht den Fischen zudem den Wechsel zwischen den beiden Revieren – Auwald und Fluss.
Wenige hundert Meter weiter haben wir die Gelegenheit in den Auwald hineinzufahren. Auf einem Weg mitten durch den Wald geht es dann zurück in Richtung Breisach. Der Auwald verdient dort ganz sicher den positiv besetzten Beinamen “Grüne Hölle”. Das Grün umfasst uns und den Weg fast vollständig. Selbst der Blick nach oben zeigt auf dem nicht gerade schmalen Weg kaum einen Blick in den Himmel. Nur weit vorn, wie ein Licht am Ende des Tunnels leuchtet freies Land. Wir fahren einige dutzend Meter und habe nun linker Hand noch ein kleines Fenster entdeckt. Das lässt uns entlang eines kleine Fließes bis zum Rheindamm blicken.
Dann erreichen wir wieder die offene Stadtrandlandschaft und den Rheindamm. Der Blick über den Fluss von dort aus zeigt uns, dass der Tag beginnt sich seinem Ende zuzuneigen. Dort wo der Rheindamm auf die Rheinufer Straße trifft entdecken wir noch ein paar interessante Informationstafeln die von der Rheinbegradigung und dem aktuellen Maßnahmen zu Hochwasserschutz in der Gegend erzählen.
Ein gelungener Tagesausklang
Schließlich kehren wir in die Stadt zurück. Doch bevor wir den Aben ausklingen lassen, halten wir am “Weinbrunnen am Anleger”. Neben einem kleinen Imbiss bestellen wir auch den besonders angepriesenen “Sommerwein”. Leider stellt sich dieser als Enttäuschung heraus – insbesondere, wenn man bedenkt, dass der Kaiserstuhl ein exzellentes Weinanbaugebiet ist. Trotzdem lassen wir die Flasche natürlich nicht verkommen. Doch wegen eines Weines werden wir hier wohl nicht noch einmal einkehren.
Danach machen wir einen letzten Stopp im Eiscafé Incontro. Dort holen wir uns zwei hervorragende Eisbecher und genießen sie im Garten. Während wir essen, beobachten wir das bunte Treiben. Der Laden brummt auch um 21 Uhr noch – Familien mit Kindern, Nachbarn vom Wohnmobilstellplatz, Biker die ihre schweren Maschinen gerade auf dem Parkplatz nebenan abgestellt haben, Senioren und Radler in schickem Dress, sie alle können dem leckeren Eis nach italienischer Machart nicht widerstehen.
Für uns geht es zurück zum Wohnmobil, wo wir den Tag beenden – jedoch nicht, ohne über unsere Weiterreise nach Spanien nachzudenken.