Den Vormittag des 10.06.2023 nutzen wir um nochmal die Altstadt von León zu besuchen. Der Markt auf dem Plaza Mayor und die Kathedrale von León finden unsere besondere Aufmerksamkeit. Am frühen Nachmittag brechen wir dann in Richtung Westen auf. Wir besuchen auf dem Weg Ponferrada. Weiter geht es hoch in die Einsamkeit der Berge in der Sierra del Courel und wieder hinunter nach Tircastela und Samos.

León

Der Lärm der Feiernden irgendwo in unserer Nähe zog sich bis tief in die Nacht hinein. Deshalb konnten wir erst sehr spät einschlafen. So holen wir am Morgen eine Stunde Schlaf nach. Dann folgen die üblichen Morgenroutinen und ein kleines Frühstück.

Auf demselben Weg wie gestern Abend fahren wir mit den Rädern noch einmal hinauf in die Altstadt. Zunächst steuern wir die Plaza Mayor an. Dort ist gerade Marktzeit. An den vielen bunten Ständen werden überwiegend regionale Lebensmittel in einer uns unbekannten Vielfalt angeboten.

Ein Stand bietet auf seinen großen Auslagen sicher an die zehn verschiedenen Sorten Knoblauch an. Andere Händler bieten eine breite Auswahl an Bohnen- oder Kartoffelsorten. Auch die Auswahl und Qualität von frischem Gemüse ist riesig und stellt alles, was wir von unseren heimischen Märkten kennen, weit in den Schatten. Aber auch Waren aus fernen Ländern werden angeboten – so präsentiert ein Händler beispielsweise norwegischen Stockfisch, eine der beliebtesten Fastenspeisen in den katholisch geprägten Ländern des Südens.

Angesichts der Vielfalt des Angebots können wir uns kaum entscheiden. Hinzu kommt, dass wir erst gestern Abend bei unserer Ankunft in León unsere Vorräte im Supermarkt aufgefüllt haben. So nehmen wir nur einige rote Paprika mit – sie sind so fest und fleischig, wie wir sie in Deutschland noch nie gesehen haben.

  • Koblauch - Plaza Mayor León
  • Vielfältiges Angebot - Plaza Mayor León
  • Oliven und co - Plaza Mayor León
  • Prächtiger Kohl - Plaza Mayor León
  • Schinken und Wurst - Plaza Mayor León
  • Stockfisch - Plaza Mayor León

Zwischen Marktleben und Architektur

Das alles spielt sich vor der sehenswerten Kulisse der Plaza Mayor ab. Die westliche Seite wird von der Fassade des Alten Rathauses von León dominiert. Die anderen drei Seiten begrenzt ein dreigeschossiges Renaissance-Ensemble mit einer wunderbaren, umlaufenden Arcadengalerie, die an heißen Sommertagen den kühlen Schatten Kastiliens bietet.

Den architektonischen Gesamteindruck des Platzes können wir heute jedoch kaum auf uns wirken lassen – zu zahlreich und bunt sind die vielen Marktstände, denen heute der Platz gehört.

  • Plaza Mayor - León
  • Altes Rathaus - León

Begegnungen am Rathaus

Wir setzen uns noch ein wenig auf eine Bank direkt vor dem alten Rathaus und beobachten das bunte Treiben auf dem Markt. Dabei befinden wir uns in der Gesellschaft zweier alter Herren, die hier ihren Vormittag genießen. Wache Augen schauen aus ihren wettergegerbten Gesichtern – was mögen sie wohl schon alles gesehen haben?

Auf zur Kathedrale

Wir reißen uns los und schieben unsere Räder durch die nun schon stark bevölkerte Calle Mariano Domínguez Berrueta. Die enge Gasse ist nach einem spanischen Schriftsteller und Politiker benannt, offenbar eine wichtige Persönlichkeit des demokratischen Kastiliens. Der Weg ist nicht weit, und wir stehen bald auf der Plaza de Regia vor der Kathedrale von León.

Calle Mariano Domínguez Berrueta - León
Calle Mariano Domínguez Berrueta

Die Westfassade erscheint uns in Baustil und Proportionen irgendwie unstimmig. Besonders der Nordturm scheint nicht ganz zum übrigen Bau zu passen. Sehr schön hingegen ist die dreiteilige Portalanlage mit dem darüber aufragenden Giebel des Langhauses und der riesigen Fensterrosette.

Der Nordturm wurde erst in der Mitte des 15. Jahrhunderts hinzugefügt. Damit war der Bau der Kathedrale nach 250 Jahren vollendet – im Vergleich zu anderen Kathedralen jener Zeit ein eher kurzer Zeitraum. Dieser Umstand sorgte auch für eine bemerkenswerte stilistische Einheitlichkeit. Die Bauweise orientiert sich deutlich an französischen Vorbildern – insbesondere die Kathedrale von Reims scheint das maßgebliche Vorbild gewesen zu sein.

Catedral de León
Catedral de León

Ein Fenstermeer aus Licht

Wir lösen Tickets für sieben Euro pro Person und sind gespannt, was uns im Inneren erwartet. Als wir eintreten, wird uns sofort klar, was diese Kathedrale so besonders macht: Ungewöhnlich viel Licht strömt von oben in den Raum. Die Konstruktion der Obergaden ist soweit wie möglich vom Stein befreit. Jeder dadurch entstandene Freiraum wurde mit bunten Glasfenstern gefüllt.

  •  Säulen der Vierung - Catedral de León
  • Große Rosette - Catedral de León
  • Große Rosette - Catedral de León
  • Apsis mit Hauptaltar - Catedral de León
  • Apsis mit Hauptaltar - Catedral de León
  • Apsis mit Hauptaltar - Catedral de León

Insgesamt 125 Fenster – bis zu 12 Meter hoch – bedecken eine Fläche von 1.800 Quadratmetern. Hinzu kommen 57 weitere Öffnungen sowie die drei großen Rosetten über den Portalen im Norden, Westen und Süden. Viele der Fenster sind bis heute in ihrem ursprünglichen Zustand erhalten.

Beeindruckend ist auch das reich verzierte Chorgestühl sowie der Chor insgesamt.

  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León
  • Detail - Catedral de León

Kreuzgang und Siesta

Als nächstes treten wir hinaus in den Kreuzgang, der sich an das Nordportal der Kirche anschließt. Anders als an vielen anderen Orten kann man hier auch den Innenhof betreten. Er ist nicht – wie sonst üblich – als Garten angelegt, sondern vollständig mit Steinplatten ausgelegt.

  • Kreuzgang - Catedral de León
  • Kreuzgang - Catedral de León

Zwei aufwendig verzierte Stelen an der Nordseite des Hofes geben dem ansonsten leeren Platz ein wenig Struktur. Als wir wieder zurück in das kühle Innere der Kathedrale treten, werden wir gebeten, das Gebäude zu verlassen – es ist jetzt 12:15 Uhr, und um 12:30 Uhr schließt die Kathedrale für einige Stunden ihre Türen. Es ist Siesta.

Um 12:45 Uhr machen wir ein letztes Foto der Kathedrale – diesmal aus Richtung Südosten vom Plaza de Puerta Obispo. Von hier aus erkennt man besonders gut, wie komplex und gelungen das architektonische Konzept der Kathedrale ist. Vielleicht liegt es an der starken Orientierung an der Kathedrale von Reims, einer der „Mütter“ der gotischen Kathedralen.

Catedral de León
Catedral de León

Abschied von León

Wir verlassen die Altstadt von León und fahren mit den Rädern zurück zum Wohnmobilstellplatz. Dort gönnen wir uns eine erfrischende Dusche und eine kleine Mittagspause. Bevor wir weiter in Richtung Westen aufbrechen, kümmern wir uns noch um die Ver- und Entsorgung von Wasser und Toilette – am Platz sind dafür alle Einrichtungen in vorbildlicher Form vorhanden.

Auf nach Ponferrada

Gegen 14:00 Uhr brechen wir auf. Obwohl es schon recht spät ist, haben wir uns heute noch ein Zwischenziel vorgenommen: die Templerburg von Ponferrada. Dazu nehmen wir die Autopista 71, die im Grunde genommen dem Verlauf des Jakobswegs folgt – dieser verläuft von León bis Astorga meist nördlich von uns entlang der stark befahrenen Nationalstraße 120.

Hinter Astorga wechseln wir auf die Autobahn 6, die uns hinauf auf 1.221 Meter Höhe führt – ein Sattel zwischen den Montes de León und dem Kantabrischen Gebirge im Norden. Für die Pilger ist der Weg deutlich beschwerlicher, denn deren Route führt südlich von uns direkt über die Montes de León bis auf über 1.500 Meter Höhe.

Moderne Stadt, mittelalterlicher Kern

Wir fahren hinunter in Richtung des Río Sil und erreichen Ponferrada kurz nach 15:30 Uhr. Die Stadt begrüßt uns mit Einkaufszentren und Gewerbegebieten. Später folgen moderne Wohn- und Geschäftsbauten mit bis zu zwölf Etagen – nicht wirklich schön und ohne Hinweis auf die Schätze des historischen Zentrums.

  • Iglesia San Andres - Ponferrada
  • Castillo de Ponferrada

Wir finden einen Parkplatz gleich neben der Pilgerherberge und erreichen bald die Altstadt rund um die alte Templerburg und die Basílica de Nuestra Señora de la Encina.

An der Templerburg erleben wir eine kleine Enttäuschung: Die Tore werden erst um 16:30 Uhr wieder geöffnet – Siesta. So konzentrieren wir uns auf die Basilika, die ebenfalls eine wichtige Zwischenstation auf dem Jakobsweg ist.

Ein Blick in die Basilika

Die Basilica de Nuestra Señora de la Encina in ihrer heutigen Form stammt aus dem Jahr 1670. Außen ist sie recht schmucklos, fast wehrhaft. Der Grundriss hat die Form eines lateinischen Kreuzes. Nur die Balustraden der oberen Etagen des Turms und die Turmhaube sind mit barocken Elementen geschmückt – diese wurden jedoch erst nach einem Blitzschlag, der den ursprünglichen Turm zerstörte, ergänzt.

Im Inneren überrascht die Kirche mit einem filigranen Kreuzgewölbe über dem Schiff. In der Apsis steht ein vergoldeter, prunkvoller und saalhoher Hauptaltar. Davor leuchtet der silberne Altartisch. Die beiden Seitenaltäre stehen dem in Ausstattung kaum nach. Auch an der Nord- und Südseite finden sich je ein weiterer goldener Altar. Der restliche Innenraum ist klar und schlicht – das gefällt uns besonders gut.

  • - Ponferrada
  • Hauptaltar - Basilica de Nuestra Señora de la Encina - Ponferrada
  • Altar Detail - Basilica de Nuestra Señora de la Encina - Ponferrada
  • Silberner Altartisch -Basilica de Nuestra Señora de la Encina - Ponferrada
  • Reliquienschrein - Basilica de Nuestra Señora de la Encina - Ponferrada

Nach dem Kirchenbesuch gönnen wir uns ein Eis in der Cafetería Heladería La Lechera auf der Plaza de La Virgen de la Encina.

In die Höhen der Sierra del Courel

Dann geht es zurück ins Wohnmobil und weiter auf der Autobahn 6 nach Nordwesten – in Richtung der Sierra del Courel und der Sierra de Ancares, die zu den südlichen Ausläufern des Kantabrischen Gebirges gehören.

Der kurvenreiche Streckenabschnitt führt uns auf über 1.100 Höhenmeter. In Pedrafita do Cebreiro wollen wir ursprünglich auf die LU-633 abbiegen. Wegen einer unklaren Baustelle verpassen wir jedoch die Abfahrt und fahren sieben Kilometer weiter, bevor wir wenden können.

Auf Jakobs Spuren am Alto de San Roque

Zurück in Pedrafita do Cebreiro gelingt uns nun der Absprung. Doch der erste Versuch, einen Stellplatz in O Cebreiro zu finden, scheitert. Die Auffahrt ist zu steil und der Platz zu überfüllt. Also fahren wir weiter auf einer traumhaften Strecke mit herrlichen Fernblicken.

Am O Alto de San Roque erreichen wir 1.270 Meter Höhe. Dort gibt es einen kleinen Parkplatz und das beeindruckende Monumento ao Peregrino – eine lebensgroße Bronzefigur des heiligen Jakobus als Pilger. Vom Wind zerzaust, hält er mit der linken Hand den Hut fest, während er sich mit der rechten auf seinen Pilgerstab stützt. Ein Denkmal für die Millionen von Pilgern, die diesen Weg gegangen sind.

  • Monumento ao Peregrino - Alto de San Roque
  • O Alto de San Roque

Ein Bremsenschreck in Tricastela

Inzwischen ist der späte Nachmittag angebrochen. In Alto de Poio erreichen wir mit 1.335 Metern den höchsten Punkt unserer heutigen Tour. Danach geht es steil hinab ins Tal des Río Sarria. Zehn Kilometer lang verlieren wir fast 600 Höhenmeter – eine Herausforderung für uns und das Wohnmobil. Als wir kurz vor Tricastela anhalten, stellen wir erschrocken fest: Die Handbremse funktioniert nicht mehr.

Ein markanter Geruch nach überhitzten Bremsen liegt in der Luft. Wir hoffen, dass sich das Problem nach dem Abkühlen von selbst löst.

Ein Platz für die Nacht in Samos

Wir versuchen in Tricastela einen Stellplatz zu finden, aber der zentrale Platz mitten im Ort gefällt uns nicht. Also fahren wir weiter entlang des Río Sarria nach Samos, vorbei am beeindruckenden Kloster. In der Nähe des Ortsausgangs finden wir einen schattigen Platz direkt am Fluss.

Ein letzter Bremstest zeigt: Die Handbremse funktioniert wieder – Gott sei Dank! Als wir den Zündschlüssel ziehen, ist es kurz vor 19:00 Uhr. Steffi zaubert einen tollen Salat – ein gelungener Abschluss für einen erlebnisreichen Tag.