Hohkönigsburg und Weingut Spitz

29. und 30.09.2021

Nochmal Ribeauvillé

Nach dem schönen Nachmittag und Abend in der Grand’Rue von Ribeauvillè wollen wir zu einem kleinen Shopping-Ausflug noch einmal dorthin. So geht es nach dem Frühstück nochmals mit den Rädern in die Stadt. Dabei entdecken wir in der Grand’Rue noch einige kleine Details, die uns gestern verborgen blieben.

Aber nicht nur der Blick durch das Okular der Kamera zeitigte ein paar schöne Ergebnisse. Auch eine kleine Shoppingtour erbrachte Erstaunliches. Im La Place, einem Laden für regionale Käsespezialitäten ließ sich Steffi zum Erwerb von verschiedenen Käsesorten im Wert von 150 € hinreißen. Von den acht verschiedenen Sorten wird uns der Geruch eines besonders großen Stückes des berühmten Munsterkäses noch einige Wochen begleiten.

Und nach einem Besuch in der Weinhandlung Cavisti gilt ein es einen Karton mit sechs der hier typischen schlichten Weingläser mit dem grünen Fuß und Stiel bruchsicher auf dem Fahrrad zu verstauen.

Dann geht es zurück zum Wohnmobilstellplatz wo wir uns vor dem Aufbruch ein letztes Mal auf dieser Reise um Wasser, Abwasser und die Kasettentoilette kümmern. Gegen 12:00 Uhr können wir dann aufbrechen und haben ein nahes gelegenes Zwischenziel im Auge. Es soll noch einmal hoch in die östlichen Vogesen gehen. Nicht weit von Ribeauvillé steht dort oben, auf einem besonders exponierten Bergsporn die Hohkönigsburg. Wohl eines der imposantesten Objekte in Europa die die Zeit der Burgen und Ritter im 15. Jahrhundert widerspiegeln soll. Dabei ist die Anlage in ihrer heutigen Form aus historischer Sicht jung, sehr jung.

Die Hohkoenig

Unser Weg zur Hohkönigsburg führt uns hinter Saint-Hippolyte hinauf in die Weinberge über der Stadt. Schon bald ist Waldrand erreicht. Durch den dichten Forst geht es nun auf der D1B durch viele Kurven bergan. Dann erreichen wir den Abzweig auf die Ringstraße die den Bergsporn umschließt, auf dem sich die Hohkönigsburg erhebt. Noch verbirgt sich der gewaltige Bau über uns hinter einer Wand aus dichtem Wald. Ca. 400 Meter unterhalb des Burgzugangs finden wir auf dem Parkstreifen am rechten Straßenrand einen Platz für unser Wohnmobil. Vom dort geht es zu Fuß weiter. Nach ca. 300 Metern weicht der Wald zurück. Links haben wir nun einen freien Blick hinauf auf die Hohkönigsburg. Ihre Mauern reichen dort bis an die Straße heran. Rechts gibt es einen grandiosen Blick hinunter in die Rheinebene bis hinüber zur dunklen Bergkette des Schwarzwaldes die sich geheimnisvoll aus dem Dunst erhebt.

Hohkönigsburg – ein wenig Geschichte

Im Jahr 1147 wurde die Burg erstmals urkundlich erwähnt und schon 1192 als königliche Burg bezeichnet. Sie liegt ein einer strategisch wichtigen Stelle hoch über der Rheinebene, dort wo sich zwei wichtige Handelsstraße kreuzten. Wie so viele Burgen hat auch die Hohkönigsburg eine wechselvolle Geschichte hinter sich. Zweimal wurde sie zerstört. 1462 und im Dreißigjährigen Krieg 1633. Sie wurde beide Male wieder aufgebaut.

Die Restauration

Das letzte Mal 1900 bis 1908. Vorher hatte sie 270 Jahr brach gelegen und gehörte wir der umliegende Wald der Stadt Schlettstadt. Die vermachte die Burg Ende des 19. Jahrhunderts dem deutschen Kaiser Wilhelm II. Der hatte ein großes Faible für die Zeit des Mittelalters und den Tugenden des Ritterstands. Er wollte dort oben ein Museum des deutschen Rittertums und des Mittelalters etablieren.

So wurde die Hohe Königsburg 1900 zu einer Baustelle der Superlative, Je nach Saison waren zur bis zu 220 Arbeiter am Schaffen. Ein eigenes Aggregat versorge die Baustelle im Strom und selbst eine Lokomotive und ein Gleis wurden auf den Bergsporn geschafft, um die schweren Baumaterialien auf der Baustelle transportieren zu können.
Und natürlich ging die Wirkung dieses monumentalen Projektes in exponierter Lage weit über den musealen Ansatz hinaus.

Es kam eine wichtige politische Botschaft hinzu. Nachdem 1871 das Elsass an Deutschland gefallen war, sollte die Hohkönigsburg diesen Besitzanspruch für alle Zeiten manifestieren. Sie markierte aber auch die westlichste Burg Deutschlands und war ein Pendant zur Marienburg südlich von Gdansk im heutigen Polen. Dazwischen lag Deutschland mitgeschaffen durch die großen deutschen Ritterorden. So sah es das Weltbild von Wilhelm II. vor.

Der Architekt Bodo Ebhardt war damals der Spezialist für mittelalterliche Burgen in Deutschland. Er ging wissenschaftlich vor. Untersuchte die noch vorhandene Bausubstanz, organisierte archäologische Ausgrabungen und war in ganz Europa unterwegs, um noch mehr über sein Metier zu erfahren. So hatte die Restaurierung auch das Ziel die Burg möglichst authentisch wiedererstehen zu lassen.

Die Neueröffnung

Am 13.05.1908 erfolgt in Anwesenheit des Kaisers die Einweihung mit einem großen historischen Spektakel. 500 Personen stellten in stilechten Kostümen die Besitznahme der Burg durch die Sickinger nach. Auch die Wahl gerade dieses historisches Ereignisses sollte deutschen Besitzanspruch auf die Burg und das Elsass untermauern.

Wohl auch wegen dieser nationalistischen Aufladung der Restauration der Anlage taten sich die späteren französischen Eigentümer des Châteaus du Haut-Koenigsburg schwer mit diesem Erbe. Es wurde lange Zeit vernachlässigt. Erst 1993 wird die Burg unter Denkmalschutz gestellt. Heute ist sie das einzige französische Nationaldenkmal im Elsass und ein wichtiger Touristenmagnet.

Hohkönigsburg – unser Rundgang

Zugang und Wirtschaftshof

Vom Aussichtspunkt machen wir uns auf die Burg zu erkunden. Auf einer Fahrstraße geht es bis zu einem ersten Tor. Dahinter befinden wir uns in den Burgmauern. Eine Gasse verläuft nun zwischen dem hoch aufragenden Stallgebäude und der Ringmauer mit aufgesetzter Wehrgalerie entlang. Wir folgen der Gasse bis zu einer Rampe. Die führt nun in entgegengesetzter Richtung hinauf zum wehrhaft wirkenden Pfortenturm. Dort befindet sich das eigentliche Burgtor mit dem Wappen der Trippsteins über dem Türsturz. Dahinter ragt rechts das verschachtelte Bauensemble des Palas bis hoch zum Bergfried auf.

Nun gelangen wir auf den Wirtschaftshof. Ein strategisch wichtiges Objekt ist hier der Brunnen. Kaum etwas war im Falle der Belagerung der Burg wichtiger als eine zuverlässige Versorgung mit Trinkwasser für Mensch und Vieh. Oben auf dem nordöstlichen Mauerturm wurde eine Windmühle aufgesetzt. Sie war wohl ebenfalls unverzichtbar für die Versorgung der Burgbesatzung. Neben dem Bergfried ist sie für uns ein weithin sichtbares Wahrzeichen der Burgsilhouette.

Ein wenig mittelalterliches Leben auf einer Burg kann man sich hier gut vorstellen.

Eine Reiterschar ist gerade von der Jagd in die Burg zurückgekehrt. Die Leiber der Pferde dampfen in der kühlen Luft es hiereinbrechenden Herbstabends. Mit trocknem Stroh reiben die Knappen und Diener die Rösser ab und versorgen die Tiere mit frischem Wasser aus dem Brunnen. Über uns klappert die Windmühle und kräftige Burschen schleppen vom Nordostturm kommend schwere Mehlsäcke über den Hof in Richtung Küche. Die herrschaftlichen Mitglieder der Jagdgesellschaft enteilen dem Geschehen auf dem kühlen Wirtschaftshof und suchen die Behaglichkeit des Palas.

Wir folgen ihnen auf den Fuß.

Der Palas

Hinter der Eingangstür geht es unter freiem Himmel eine Treppe hinauf. Durch die Schießscharten links in der Mauer konnten Angreifer gekämpft werden, die sich auf der Rampe dem Burgtor nähern wollten. Oben, am Ende der Treppe erwartet uns der verwinkelte Innenhof des Palas. Die wichtigste Einrichtung hier ist ein weiterer Brunnen. Er musste 62 Meter in die Tiefe getrieben werden, um auf eine verlässliche Wasserschicht zu stoßen. Er ist mit einem massiven Dach überbaut, um ihn im Fall eines Artilleriebeschusses vor Trümmern oder gar Verschüttung zu schützen. Gleich daneben sind hinter den dicken Mauern die Küchenräume untergebracht.

Ein anderer Hingucker ist der keine polygonale Wendelstein der von außen an die Mauern heran gesetzt zu sein scheint. Die enge Wendeltreppe bringt uns hinauf in den zweiten Stock. Die Räume sind hier mit Holz vertäfelt, was sie behaglicher erschienen lässt und sicher auch zu einer besseren Wärmeisolierung betrug. In viele Fensternischen sind Sitzbänke eingelassen, um das Tageslicht besser nutzen zu können. Das ist sicher auch notwendig gewesen, denn alle Räume wirken recht düster.

Wir erkunden den hier oben den Westlichen Palas mit dem „Rittersaal“ und dem „lothringischen Zimmer“, den nördlichen Palas, die Appartements und die Tribüne der Kapelle im Südflügel. Dann geht es wieder hinunter in den ersten Stock, wo sich neben den Küchenräumen auch noch die Burgkapelle und der sogenannte „Waffensaal“ befinden.

Politisch besonders aufgeladen sind die Fresken in „Rittersaal“. Sie wurden vom Maler Leo Schung im Rahmen der Restaurierung am Anfang des 20. Jahrhunderts geschaffen. Der Raum wird von der Decke des Tonnengewölbes her von einer riesigen, besonders martialisch wirkenden Version des deutschen Reichsadlers beherrscht. Hinter seinem Haupt leuchtet eine goldene Gloria mit der Inschrift „Gott mit uns“. Das war Wahlspruch der preußischen Könige (ab 1701) und der deutschen Kaiser (ab 1871). Und er schmückte die Koppelschlösser der deutschen Soldaten in zwei Weltkriegen.

Welche kulturelle und politische Toleranz haben die französischen „Herren“ der Hohkönigsburg doch aufgebracht, um sich nicht an diesem Erbe zu vergreifen. Respekt!

Überschrift

Kaum etwas vom dem Interior im Palas original. Vieles war über die Jahrhunderte des Verfalls verloren gegangen. So musste Manches in ganz Europa zusammengesammelt werden. Dies war einerseits ein Verdienst des Architekten Bodo Ebhardt, der hierzu in ganz Europa unterwegs war. Andererseits gab es einen Verein sicherlich gut betuchter Privatleute, der es sich u.a. zur Aufgabe gemacht hatte, die Hohkönigsburg nach ihrer Restauration mit einer ansprechenden Ausstattung zu versehen.

Das, was hier zu sehen ist, wirkt daher durchaus authentisch und in die Zeit passend, erreicht aber bei weitem nicht den Glanz und die Größe andere berühmter Burgen in West- und Südeuropa wie etwa in Segovia oder in Carcassonne.

In Sachen Wehrhaftigkeit kann die Hohkönigsburg aber durchaus mithalten. Das wird spätestens am Großen Bollwerk deutlich. Das erreichen wir vom Palas aus über eine Klappbrücke und einen Garten. Die Klappbrücke war für die Angreifer, die aus Richtung Westen auf dem Bergsporn vorrückten, dass das letzte Hindernis vor dem Palas. Auf dem Bergsporn befindet sich, von starken und hohen Wehrmauern flankiert der sogenannte Garten, der heute mit einen alten Laubbaumbestand versehen ist. Hier gibt es einen dritten Brunnen. Das zeigt nochmals, wie wichtig die Wasserversorgung der Anlage im Falle einer Belagerung war. Knappe 50 Meter ist der Garten lang. Dann erreichen wir das Große Bollwerk am westlichen Rand der Anlage.

Das Große Bollwerk

Eine angesetzte Treppe führt hinauf auf die überdachten Artillerieplattformen des Nord- und Südturms.

Durch die Maueröffnungen für die Geschütze hat man eine sensationelle Aussicht. Dabei blickt man nicht nur nach Westen in die Berge der Vogesen. Nord- und Südturm sind so angeordnet, dass man auch eine gute Aussicht nach Norden und Süden hat. Und nach Osten hin verstellt nur die Burg selbst einen kleinen Teil des freien Blicks in die Rheinebene und hinüber bis zu Schwarzwald.

Während wir noch ein wenig die unterschiedlichen Aussichten genießen, ziehen von Süden dunkle Wolken über die Rheinebene heran.

Die Artillerieplattformen sind überraschend groß und weitläufig. Sie tragen massive mit Ziegeln gedeckte Dachstühle. Die sind so konstruiert, dass die nur auf den Außenmauern der Türme und auf einer zentralen Stütze in der Mitte der Plattformen aufliegen. So konnten die Geschütze und die Munition ohne Hindernisse leicht bewegt werden.
Man findet dort oben eine Sammlung unterschiedlichster Artilleriewaffen, die auf dem 15. bis 17. Jahrhundert stammen.

Der Weg vom den Atillerieplattformen führt hinunter in die Kasematten des Bollwerks. Dort noch einige Exponate ausgestellt, die sich mit der Restauration der Anlage befassen. Dann gelange ich ins Freie und befinde mich im nördlichen Zwinger. Steffi war vorher noch in den Museumsshop abgebogen.

Zum Ausgang

Als ich mich zwischen Ring- und Burgmauer auf dem Weg zum Ausgang mache bricht der Wolkenbruch über mich herein, der sich vorhin oben auf den Türmen mit den dunklen Wolken schon angekündigt hatte.

Ich bin nass bis auf die Haut, als ich die Burgmauern hinter mir lasse. Ich suche Schutz unter den Sonnenschirmen des „Le pavillon du 757 au Haut-Koenigsbourg“. Der bietet den Besuchern neben kühlen und heißen Getränken auch manche Leckerei an. Der Kellner schaut etwas mürrisch und will mich nassen Pudel wohl am liebsten vertreiben. Als ich ihm jedoch bedeute, dass wir hier sicher noch etwas essen werden, darf ich bleiben. Nach weiteren 15 Minuten ist der Spuck dann vorbei. Die Wolke ist abgezogen, die Sonn lugt hervor und zaubert an den Himmel über der Rheinebene einen prächtigen Regenbogen.

Auch Steffi stößt nun trocken Fußes zu mir. Einige Souvenirs aus dem Museumsshop haben den Weg in Ihren Rucksack gefunden. Dem Pavillon du 757 erleichtern wir um zwei Stück leckeren Kuchen. Damit endet unser Besuch hier oben auch für den skeptischen Kellner versöhnlich.

Gegen 15:00 brechen wir auf und fahren wieder hinunter ins Tal. Weit soll es heute aber nicht mehr geben. Auf der Suche nach einem Stellplatz für die Nacht erkunden wir die Orte zwischen Saint-Hippolyte und Heiligenstein. Auch hier sind die Ortsbilder ganz zauberhaft und eingebettet in die Weinhügel ringsum.

Am Weingut Spitz

Letztlich entscheiden wir und für den Stellplatz am Weingut Spitz in Blienschwiller. Als wir hinter dem Hof auf einer Wiese gleich an den Weinbergen einparken, sind die Weinbauern und die Ihre Helfer gerade dabei ihre schwere Regenkleidung und die Gummistiefel mit Wasserschläuchen abzuspülen. Offenbar kommen sie gerade aus Berg und wurden wohl vom gleichen Schauer wie ich oben auf der Hohkönigsburg erwischt.

Wir machen einen kleinen Rundgang über den Hof, werfen eine Blick in die große Scheune mit allerlei Geräten zu Keltern und Abfüllen von Wein. Der Hof hat eine eigene ganz niedliche Kapelle und die Weinstube hinter bunten Blumen wirbt mit neuem Wein und Traubensaft. Gäste sind dort gerne gesehen.

Dort führt uns die Hausherrin in die Welt der Weine des Hauses Spitz ein. Wir verkosten so manche Sorten, lernen einen Wein aus der seltenen Rebsorte Auxerrois kennen und erfahren, dass der hiesige Schaumwein nicht Champagner heißen dort, weil er eben nicht aus der Champagne kommt. Hier muss er deshalb Crémant heißen. Seinen Geschmack tut dies jedoch keinen Abbruch wie wir finden.

Und während wir mir Frau Spitz plauschen, kommen von draußen die Weinbauern und ihre Helfer in die Weinstube und wollen gut versorgt werden. Sie versammeln sich an dem einzigen Tisch hier und stimmen ein großes Palaver an. Frau Spitz ist nun zwischen ihren Pflichten die Helfer mit Wein zu versorgen und eine gute Gastgeberin zu sein hin und her gerissen. Wir wollen sie nicht in dieser Zwickmühle stecken lassen. So lassen wir uns drei Kartons mit Riesling, Auxerrois und Crémant als Vorrat für den kommenden Winter packen und bedanken uns für die Gastfreundschaft.

Wir bekommen noch eine Sackkarre und machen uns dann auf den Weg zum Auto. Dort verkosten wie die erste Flasche Crémant und genießen den Abend hier mitten in den Weinbergen.

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