Barcares – Séte

Heute wird es die kürzeste Etappe unserer Reise. Schon nach 143 Kilometern erreichen wir um 12:20 Uhr grandiose Sandbank Le Toc zwischen Marseillan Plage und Sète. Hier gibt es einen sehr schönen Stellplatz auf halber Strecke. Wir erkunden Séte mit dem Rad und verbringen einige Stunden am Strand. Wir lernen Wohnmobilisten mit interessanten alternativen Lebensmodellen kennen und blicken in der Bar „Voile Rouge“ auf die französische Jugend aus „besserem Haus“.

Euro-Realis

Als wir heute Morgen die Rollos öffnen und hinaus blinzeln, ist in der Wagenburg gegenüber schon ein frohes Camperleben zu beobachten. Man ist gerade dabei zu einem Spaziergang aufzubrechen. Danach tritt dort Ruhe ein. 
Wir frühstücken und machen uns dann an die Ver- und Entsorgung unseres rollenden Heims.

Wie an vielen anderen Stellplätzen steht auch hier einer dieser blechernen Gesellen bereit, die Manches geben und Vieles schlucken. Er spendet Frischwasser und zur Not auch Strom. Klaglos schluckt der den Inhalt unseres Chemie-WC’s und hat einen extra Wasserhahn um dieses auch noch durchspülen zu können.  Nebenan ein großer Gulli, der auf den Inhalt unseres Schmutzwassertanks wartet. Zahlen müssen wir hier nichts, alles ist in der Stellplatzgebühr enthalten. Andernorts nimmt der Geselle aber auch mal Geld, seltener in Form von Münzen, meist ist eine Kreditkarte erforderlich. Auf den Namen Euro-Relais hört die Bursche in Frankreich und auch andernorts. 

Durch das Languedoc 

Für uns geht es weiter nach Norden, zunächst entlang des großartigen Ètang de Leucate. Nur eine riesige Sandbank trennt diese Lagune vom Mittelmeer. Auf der Sandbank reihen sich entlang der Schnellstraße Campingplätze, Ferienanlagen, Yachthäfen und ein Erlebnisbad. Auf dem Ètang de Leucate sind die ersten Kite-Surfer unterwegs. Wir merken uns die kleine Straße direkt am Ufer der Lagune. Hier kann man sicher auch für eine Nacht mit dem Wohnmobil vor traumhafter Kulisse stehen. Vielleicht führt uns ja unsere nächste Reise wieder hier vorbei.  

Ètang de Leucate
Ètang de Leucate

Wir halten uns nun weiter landeinwärts hinein in das Languedoc und streifen Narbonne und Béziers. Hinter Béziers biegen wir falsch ab und die Straße führt uns über den Canal du Midi. Diese berühmte Wasserstraße führt mitten durch Südfrankreich vom Mittelmeer zum Atlantik. Nach fünf Kilometern können wir wenden und wieder auf die richtige Route zurückkehren. Weiter geht es nach Agde. Hier staut sich plötzlich der Verkehr. Kein Wunder, scheint es doch so, als ob das halbe Departement Hérault inklusiv seiner Gäste auf den Beinen ist. Alle strömen auf dem an diesem Wochenende stattfindenden großen Floh- und Raritätenmarkt.

Nachdem wir diese Nadelöhr passiert haben, sind wir auf der Straße vom Marseillan Plage nach Sète unterwegs. Sie verläuft auf der große Sandbank „Le Toc“ die den Étang de Thau vom Mittelmeer trennt. Eine Bahnstrecke verläuft parallel zur Straße. Auf der Meerseite befindet sich ein grandioser Badestrand, der sich über 11 Kilometer von Südwest nach Nordost erstreckt. Es ist jetzt 12:20 Uhr und damit höchste Zeit für eine Badepause bei diesem herrlichen Wetter. Auf der halben Strecke zwischen Marseillan Plage und Sète finden wir einen Parkplatz für Wohnmobile. Hier kann man aber nur für eine Tagesgebühr einfahren, die auch eine Übernachtung beinhaltet. Trotz der frühen Stunde entschließen wir uns unsere heutige Etappe hier zu beenden. 

Le Toc
Le Toc

Sète

Erstmal an den Strand und ein erfrischendes Bad genommen. Dann geht es mit den Rädern nach Sète. Eine tolle Stadt mit strategischer Bedeutung. Sète liegt auf und um den 183 Meter hohen Kalksteinhügel Mont Saint-Clair. Während der Berg hauptsächlich mit Villen und kleinen Häusern besiedel ist, findet man das Stadtzentrum westlich davon. Es ist von großem Kanälen durchzogen. die sogar den Hochseetrawlern, die hier mitten in der Stadt festgemacht haben, Platz bieten. Zwölf Brücken führen über die Kanäle, fünf davon sind Hebebrücken um den freien Schiffsverkehr auch für die großen Pötte zu ermöglichen.

Das Stadtbild ist von großen Bürgerhäusern geprägt, von denen viele beneidenswert nah am Wasser stehen. Von ihren Balkonen müssen tolle Ausblicke bieten. Ein großartiger urbaner Raum am Meer, in dem ein quirliges Stadtleben tobt. Am Quai de la Résistance locken viele Restaurants und Geschäfte zwischen den Schiffen am Kai und der Straßenzeile gegenüber erfolgreich ihr Publikum an.  Hier ist soviel Betrieb, dass wir mit den Rädern kaum durchkommen.

Dann fahren wir weiter in Richtung der Hafenanlagen. Nach Marseille ist Sète der zweitwichtigste Handelshafen am Mittelmeer. Es gibt eine Fährverbindung in das über 1.300 Kilometer entfernte Tanger (Marokko). Autos werden hier verschifft und vieles andere mehr.

Erfolgreiche Jagd am Strand

Wir umfahren den Mont Saint-Clair im Norden und dann geht es wieder zurück zum Wohnmobil, mitten auf der Sandbank „Le Toc“. Hier angekommen legen wir uns eine Weile an den Strand. Wir genießen die Sonne und das Wasser und beobachten das Treiben um uns herum. Es schein ein sehr beliebter Badestrand zu sein. Aber nicht nur zu Baden scheint das Gewässer zu taugen. 

Etwas weiter weg vom Ufer ist ein Schnorchler unterwegs. Vierzig bis fünfzig Meter vom Strand entfernt zieht er seine Bahn zwischen den Köpfen der mit Steinen aufgeschütteten Buhnen. An seinem knallgelben Schnorchel ist er gut zu erkennen. Was mag ihn an der Unterwasserwelt hier interessieren, frage ich mich. Beim baden kam mir der feinsandige Grund recht langweilig vor, kaum ein Terrain für spannende Unterwasserabenteuer. 
Wir verlieren den Aquanauten wieder aus den Augen und widmen uns unseren Sonnenbad und einem guten Buch. Ein halben Stunde später kommt er zu Fuß an uns vorbei. In der linken Hand hält er eine Harpune und in der rechtes ein sehr respektables Exemplar eines Congers (Meeraal). Na dann: Petri-Heil.  

Hühner an Bord

Wieder am Wohnmobil erregt unser Nachbar zur Linken unsere Aufmerksamkeit. Einmal ist es das Wohnmobil aus Deutschland das interessant erscheint. Auf ein Chassis eines Mercedes T2 gebaut, das bis 1986 hergestellt wurde, ist also mindestens 32 Jahre alt – Respekt! Eigentlich macht der große Aufbau der Wohnkabine mit Alkoven und großer Schiebetür den Charakter dieses Fahrzeuges aus. Uns interessiert aber etwas ganz anderes. Am Spiegel auf der Beifahrerseite hängt ein großer Korb. Eine kleine Leiter mit drei Sprossen führt heraus, das Rigg eines Surfsegels verlängert die kleine Treppe bis zum Boden. Ein kleiner Junge, vielleicht 7 Jahre alt taucht auf. Ich frage ihn eher scherzhaft, wer in dem Korb wohnt. Seine promte Antwort: Unsere Hühner. 

Und tatsächlich picken den der Nähe vier Hühner herum und lassen es sich gut gehen. Wir kommen mit der Mutter ins Gespräch und erfahren, dass das Reisen mit den Hühnern nicht der einzige alternative Ansatz unserer neuen Nachbarn ist. Sie ist Schweizerin und er Deutscher. Sie sind schon seit Monaten mit ihren drei Jungs (7 bis 16 Jahre) und eben den vier Hühnern unterwegs. Die Kinder sind Schweizer Staatsbürger und entziehen sich somit der Deutschen Schulpflicht. Erst so werden die langen Reisen möglich, die zum Leben dieser Familie gehören. Sie ist Pädagogin und unterrichtet die Kinder selbst. 
Ein interessantes Lebensmodell. Für uns wäre es wohl nichts. Ich denke Kinder brauchen auch den Kontakt zu anderen Kindern außerhalb der Familie. Schön aber ist, dass unsere Gesellschaft solche alternativen Lebensmodell zulässt und akzeptiert.

Ich krame unsere Campingmöbel hervor und lasse mich im Schatten unseres Wohnmobils nieder. Drinnen ist jetzt einfach zu heiß, die Sonne brennt schon den ganzen Tag gnadenlos vom Himmel. Die Hühner gesellen sich zu mir lassen ihrem Stoffwechsel freien Lauf, nicht nur durch pickende Nahrungsaufnahme.
Später verabschieden sich unsere Nachbarn an den Strand und wir essen draußen zu Abend.

In der Bar „Voile Rouge“

Dann besuchen wir noch die Strandbar Voile Rouge gleich hinter der Düne. Schön sitzt man hier und teuer. Es sind wohl die teuersten Getränke auf unserer Reise. Das fast ausschließlich recht junge Publikum um uns herum lässt sich davon aber nicht stören. Der Alkohol fließt zwar nicht um Strömen aber doch recht munter. Wie aus dem Ei gepellt kommen uns die Gäste vor. Gut gebräunt, frisch frisiert, mit Designersonnenbrillen und Markenklamotten der etwas bessern Sorte aufgehübscht.  Über den Tresen geht hier sicher meist Papis und Mamis Geld, den die meisten dieser frischen Franzosen scheinen dem Schulalter noch nicht oder gerade eben entwachsen zu sein. Unwillkürlich kommt mir dabei unser Abend am 1. Mai in Pellegrue in den Sinn. Welche ein Kontrast.

Noch ein paar Schritte am Strand und dann geht es zurück zum unserem Auto. Unsere Nachbarn mit den Hühnern sind zu unserer Überraschung abgereist. Aber vielleicht ist es gar keine so schlechte Strategie, die Abendstunden zum fahren und den Tag zum genießen zu nutzten.
Es wird nun empfindlich kühl. Der wolkenlose Himmel und die trockene Luft lassen eine kalte Nacht erwarten. Außerdem stürzen sich die Mücken auf uns. Beides ist für uns Grund genug den Tag an dieser Stelle zu beenden.

143 Kilometer von Barcares nach Sète
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