Paula on Tour

Über Moulins in den Morvan

Châteauneuf-les-Bains

Heute Morgen ist noch alles ruhig im Womo. Das Einzige was auf dem kleinen Campingplatz in Châteauneuf-les-Bains fehlt, ist ein Brötchenservice. Also nehme ich mir mein Rad und mache mich auf die Suche nach frischen Backwaren. Ich folge der Hauptstraße und kann mir den gerade erwachenden Ort näher ansehen. Auch hier, so scheint es, ist sehr viel zu tun um die touristische Attraktivität des Ortes zu wahren. Allein im malerische Lage im Tal der Sioule  und die Thermalquellen werden da nicht ausreichen. Das Ortsbild ist angeschlagen, viele Ecken sind unansehnlich geworden, an einigen droht Verfall. Trotzdem wart der Ort den Charme der französischen Provinz, den wir in den letzten Tagen schätzen gelernt haben. 

Auf der Straße ist noch nicht viel los. Lediglich auf dem Hof der Mineralwasserfabrik herrscht schon reges treiben. Ein Marktstand baut gerade auf und wird den lediglich 300 Einwohnern sein Angebot an Obst und Gemüse offerieren. Einen Lebensmittelladen scheint es nicht zu geben. Aber ich finde einen Bäcker. Keine Boulangerie mit eigener Backstube, eher einen Backshop, der die leckeren Waren eines auswärtigen Bäckers anbietet.

Zufrieden mit meinem Einkauf mache ich mich auf den Rückweg und unternehme noch einen Abstecher über einen kleinen Weg der hinunter zu einer Fußgängerbrücke über die Sioule führt. Schön ist es hier.    

Am Womo angekommen, folgt das übliche eines Womo-Morgens. Frühstück, einpacken, Gasflaschen verschließen, alle Luken kontrollieren, alles Bewegliche in Schränke und Ablagen verstauen, Wasser tanken, Abwasser und Chemieklo entsorgen, Navi programmieren. Dann geht es los. Als wir Châteauneuf-les-Bains verlassen kommen wir noch an dessen wichtigsten Kapital vorbei, der Therme. Zwanzig Thermalquellen gibt es in Ort. In der Therme unterstützen sie die Behandlung rheumatischer Erkrankungen. Andere liefern der Mineralwasserfabrik ihren Grundstoff.

Zugvogel Campingplatztipp

Die Auvergne mit ihrer Vulkanlandschaft liegt nun hinter uns. Die Thermalquellen in Châteauneuf-les-Bains scheinen irgendwie ein letzter Gruß dieser einmaligen Landschaft zu sein. Der Morvan ist unser nächstes Ziel.

Ich kann mich entspannen, Paula hat das Steuer übernommen und schlägt sich souverän dabei.

Für das nächste Tagesziel ist uns heute nicht nach großer Stadt. So fallen Lyon und Dijon, die in akzeptabler Entfernung liegen, aus. Vielmehr hat unser Navi den Auftrag bekommen uns in den nächsten Naturpark, in den Morvan zu führen.

Moulins

Der Weg dorthin führt über Moulins. Dort treffen wir gegen 12:20 Uhr ein. Unser Navi hatte unterwegs wieder die abenteuerlichsten Vorschläge um dieses Zwischenziel zu erreichen. Die „Diskussion“ mit dem guten Stück hat uns dann doch etwas Zeit gekostet. Wir finden in Moulins einen Parkplatz auf dem Place Jean Moulin.

Moulins

Wir machen uns zu Fuß auf, diese nicht einmal 20.000 Einwohner zählenden Stadt zu entdecken. Zwei große Kirchen dominieren das Stadtbild. Die Èglise du Sacré Coeur des Jesus (Kirche des heiligen Herzens Jesu) und die Catédrale Notre-Dame-de-l’Annonciation (unserer heiligen Frauen Verkündigung) 

Wir besuchen zunächst die Èglise du Sacré Coeur des Jesus. Immer wieder beeindruckend sind das architektonische Konzept und der Erhaltungszustand der Kirchen die wir in Frankreich besuchen. Wenn der Zustand der kommunalen Infrastruktur in den den kleinen Orten der französischen Provinz auf ähnlichen Niveau wäre, würde die französische Gesellschaft sicher weniger gespalten sein.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Wir schlendern weiter über den Place d’Allier und genießen diese französische Gelassenheit die auch zu dieser Mittagsstunde den zentralen Platz der Stadt erfüllt. Über die Rue d’Allier und die Rue de l’Horloge kommen wir zur Kathedrale und finden auf dem Wege tolle architektonische Zeugen aus unterschiedlichen Jahrhunderten.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Die Pracht der Kathedrale die wir nun besuchen, erklärt sich aus dem gleich nebenan gelegenen Schloß, welches jedoch nur noch in Fragmenten erhalten ist. Es war ein Sitz des Adelsgeschlechtes der Bourbonen, welches nicht nur acht französische Könige stellte, sondern auch auf sonstige europäische Geschichte, insbesondere die in Spanien einen erheblichen Einfluss hatte. Da darf die Kirche nebenan auch mal etwas üppiger ausfallen. 

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Auf dem Weg zurück zum Womo begegnen uns noch ein paar kleinstädtischen Szenen, die für die französische Provinz typisch sein könnten.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Zu Fuß durch Moulin
Zu Fuß durch Moulin

Gegen 13:30 Uhr geht es weiter in Richtung Morvan. Es wird ein weiter Weg. Um 14:40 Uhr überqueren wir in Decize die Loire. Was wir vor 11 Tagen an der Atlantikküste als respektablen Strom kennengelernt haben, ist hier noch ein beschauliches Flüsschen. 

Morvan und Lac des Stettons

Eine Stunde später erreichen wir den Morvan. Eine Landschaft, es könnte auch der Thüringer Wald sein. Paula googelt was diese Gegend ausmacht. Sie deklamiert aus dem Text einer Website, dass es hier das Haus der Menschen und Landschaften, das Haus Charolaise-Rinderzucht, das Haus aus des mündlich überlieferten Erbes, das Haus der Rinderzüchter, das Haus des Roggens, das Haus des Holzschuhs, das Haus des Weins und der Weinfässer und das Haus der landwirtschaftlichen Berufe gäbe. Ein gestöntes „unglaublich“ lässt ihre Begeisterung über diese Aussichten deutlich werden. 

Wir steuern den Lac des Stettons an und finden hier gegen 16:20 einen Stellplatz. Schön ist die Lage nicht unbedingt, aber das deckt sich mit dem trüben Wetter.

Zugvogel Stellplatzinfo

Wir machen uns zu Fuß auf die Gegend zu erkunden und ein nettes Restaurant für ein Abendessen zu finden. Wir gelangen zur Staumauer, die hier die Cure zum Lac des Stettons aufstaut. In einem herrschaftlichen Gebäude am nördlich der Staumauer residiert die Tourist Information. Hier soll des Coints für Strom sowie Ver- und Entsorgung am Euro-Relais am Womo-Stellplatz geben. Eine junge attraktive Dame nimmt diesen Wunsch von uns entgegen bedient uns – erstmal nicht. Ein gerade eingehender Telefonanruf geht vor. Für die nächsten gefühlten 10 Minuten sind wir für die junge Dame „Luft“. Dem Telefonhörer sind sicher wichtigere Botschaften entnehmen als ein Gespräch mit uns hergeben könnte. Nach dem Telefoncall bekomme wir aber immerhin noch unseren Coin und verlassen, im schlechtesten Sinne „bedient“, diesen Ort.

Wir schlendern über die Staumauer, in der Hoffnung dort ein Restaurant zu finden, in dem wir schon zu dieser Zeit ein verfrühtes Abendessen bekommen. Fehlanzeige, das Hotel La Morvandelle kann uns nur ein paar Getränke kredenzen. Der Koch ist noch außer Landes. 

Wir erkunden also weiter die nähere Umgebung. Dabei schließt sich uns ein freilaufender Hund an. Er fiel uns schon vorhin bei unserem Weg über die Staumauer auf. Er gesellt sich nun zu uns und weicht nicht mehr von unserer Seite. Wir fragen uns wem dieses schöne Tier wohl gehören wird, und Paula verpasst dem Köter gleich mal den Namen „Lotte“. 

Und tatsächlich bleibt dieser bellende Vierbeiner weiterhin im Modus „bei Fuß“. Wir gehen zurück über die Staumauer und bleiben stehen. Lotte legt sich hin und wartet auf uns. Wir biegen ab auf die Straße unterhalb der Tourist Information, Lotte an unserer Seite. Lotte läuft ein wenig voraus und blickt sich zu und um. Als ob sie sagen wollte: „los kommt schon“. Und dann am Restaurant Les Grillons do Morvan weicht Lotte plötzlich doch von unserer Seite und kuschelt sich in eine Mulde unterhalb eines Fensters des Restaurants. Ganz klar, die Hundedame hatte den Auftrag uns mittels eines geschickten Manövers hierher zu locken und den Umsatz dieses Hauses anzukurbeln. Hätte auch fast geklappt. Aber eben nur fast. Auch hier ist der Koch noch nicht im Dienst und wir haben keine Lust über eine Stunde auf der ersten Bissen zu warten.

Trotzdem liebe „Lotte“, es war ein guter Versuch.

Diese Diashow benötigt JavaScript.

Um unseren Hunger in akzeptabler Frist zu stillen, bleibt nun nur noch das Restaurant Les Terrasses. Aber nicht ohne vorherige Prüfung. Seit dem Paula mit dabei ist, wird jede Restaurantwahl mittels Trippadvisor oder Google+ gegengecheckt. Die Bewertungen dieses Hauses auf Google+ vergeben eine Durchschnittsnote von 3,3. Das macht uns nicht der hoffnungsvoll. Die automatische Übersetzung der Bewertung eines Emmanuel Raimbault macht uns dann aber doch neugierig: “ Sehr guter Empfang schöne Rahmen und ein herzhafte Mahlzeit, während Nickel-Server und Kellnerinnen kühler Blick“. 

Egal wie der Laden wirklich ist, wir müssen unbedingt herausbekommen was es mit dem Nickel-Server und dem kühlen Blick der Kellnerin auf sich hat. 

Um 18:20 Uhr lassen wir uns als einzige Gäste an einem Tisch auf der Terrasse nieder. Immerhin sind wir ja im Restaurant Les Terrasses angekommen und die Platzwahl sollte so schon stimmen. Kurz darauf werden wir eines besseren belehrt. Die geschwind herbeigeeilte Kellnerin, die mit dem jetzt noch leicht kühlen Blick, täuscht vor, um unserer Wohlergehen besorgt zu sein. Es wären doch heute Abend Temperaturen um die neun Grad angesagt und da könne man doch unmöglich auf der Terrasse sitzen. Eigentlich wollte Sie aber sagen, dass sie wegen eines auf der Terrasse besetzten Tisches nicht auch noch dieses weitläufige Areal in ihren Laufbereich für diesen Abend einbeziehen kann. 

So werden wir in die Gaststube dirigiert, die eine Mischung aus Tabakladen, Lottoannahmestelle, Bar und Restaurant ist. Um die weißen Tischdecken vor allen Ungeschicklichkeiten der Gäste zu schützen, sind diese in durchsichtige Plastikfolien gehüllt. Irgendwie kommt es uns vor, als ob diese Technik aus den letzten Tagen der DDR-Gastronomie importiert worden wäre. Igelit nannte sich damals dieses durchsichtige Wundermaterial.

Als wir unsere Bestellung in Deutsch und alternativ in Englisch aufgeben wollen, wandelt sich der bis dahin nur leicht kühle Blick der Kellnerin in einen unterkühlten bis leicht frostigen. Irgenwie klappt es dann aber doch und die ungekrönte Königin des Service in diesem Haus rauscht davon. Ein schwäbisches Paar mit Enkel am Nachbartisch hat die Szene beobachtet und bietet uns Ihre Dienste als Dolmetscher an. Wohl befürchtend, das es im Laufe des Abends noch zu Eskalationen kommen könnte. 

Die aufgetragen Speisen und Getränke entsprechen den Bewertung im Netz, 3,3 eben. Aber egal, wir lassen uns die Stimmung nicht verderben und finden letztendlich Spaß an den verschiedenen Absurditäten in diesem Haus.

Nur die Sache mit dem Nickel-Server konnten wir nicht aufklären. 

Tagesstrecke Châteauneuf-les-Bains - Lac des Stettons
Tagesstrecke Châteauneuf-les-Bains – Lac des Stettons

1 Kommentar zu „Über Moulins in den Morvan“

  1. Pingback: Frankreich - Dijon und Colmar - Zugvogel Reiseblog

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.

Nach oben scrollen